Zum Verdrängen und Vergessen?
Konferenz "Tschernobyl + 20" in Kiew eröffnet
Schauspielerin Halyna Stefanowa (Kiew), Renate Künast und Ralf Fücks (Heinrich-Böll-Stiftung) in der Geisterstadt Pribyat
"Ich finde keine Worte für das, was ich gesehen und erlebt habe", "etwas Derartiges hat mir noch nie jemand erzählt", "so etwas habe ich noch in keinem Buch gelesen und in keinem Film gesehen". "Reflexionen über Tschernobyl" unter diesem Titel stand der erste Tag der Kiewer Konferenz "Tschernobyl+20: Erinnerung für die Zukunft". Halyna Stefanowa, Schauspielerin aus Kiew, machte die Texte der Weißrussin Swetlana Alexijewitsch lebendig:
"Was wir über Schrecken und Ängste wissen, hat meist mit dem Krieg zu tun. Der Stalinsche Gulag und Auschwitz sind jüngste Schöpfungen des Bösen. Die Geschichte war stets die Geschichte von Kriegen und Feldherren, der Krieg war Maß des Schreckens. Darum vermengen die Menschen die Begriffe von Krieg und Katastrophe. [ ] Das macht es schwer zu begreifen, dass wir uns in einer neuen Geschichte befinden."
Tschernobyl-Sarkophag, Rebecca Harms an der Kontaminationskontrolle am Ausgang der Verbotszone
Die alten Begriffe wie "nah" und "fern" haben angesichts von Tschernobyl versagt. Die Katastrophe neu zu denken, zurück zu gehen zu einem neuen Denken, so hat Rebecca Harms, Energieexpertin und Sprecherin der deutschen Gruppe im Europäischen Parlament, ein Ziel der Konferenz beschrieben.
"Wir wollen den Ereignissen auf den Grund gehen. Wir wollen wissen, wie so etwas passieren konnte, wir wollen die Ereignisse richtig deuten, um für die Zukunft solche eine Katastrophe zu verhindern."
Verlassener Wohnblock, Friedhof für kontaminierte Maschinen.
Mehr als 400 Menschen nahmen an der Konferenz-Eröffnung im Haus des Lehrers teil. Am Montag geht es in mehreren Panels und Workshops unter anderem um die gesundheitlichen Folgen der Katastrophe und die realen Kosten der Atomstromproduktion.