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Press release |

EP fordert Stärkung der Europäischen Bürgerinitiative

Bürger stärken, Hürden und Bürokratie abbauen, Kommunikation verbessern!

Auf Initiative des Grünen-Abgeordneten Gerald Häfner diskutierte das Europäische Parlament heute darüber, wie die Europäische Bürgerinitiative (EBI) besser und bürgerfreundlicher gemacht werden kann. Vor einem Jahr, am 1. April 2012 trat dieses Recht der Bürger, ihre Anliegen an die Gesetzgeber in Brüssel und Straßburg heranzutragen, in Kraft. Die etwa zwei Duzend Initiativen, die bisher gestartet sind, berichten aber von massiven technischen und bürokratischen Hürden.

Dazu erklärt Gerald Häfner, verfassungspolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament, Berichterstatter für die EBI:

“Seit zwölf Monaten können sich Bürgerinnen und Bürger aktiv in die europäische Politik einmischen. Über zwei Dutzend Initiativen haben sich an die Startlinie gewagt. Überall in Europa werden Unterschriften gesammelt. Eine richtige Feierstimmung will aber nicht aufkommen. Denn das große Versprechen von deutlich mehr Bürgerbeteiligung ist nur äußerst unzureichend eingelöst worden.

Bislang konnte keine einzige EBI die Zielmarke - eine Million Unterschriften aus einem Viertel der Mitgliedstaaten - erreichen. Die Online-Sammlung von Unterschriften funktionierte monatelang überhaupt nicht und auch jetzt nur durch eine vorübergehende, unzureichende Lösung. Viele Europäerinnen und Europäer können sich nicht eintragen, auch wenn sie wollen. Manche Mitgliedstaaten beschäftigen sich mehr mit dem Errichten als dem Abbauen von Barrieren. Die technischen Anforderungen sind zu kompliziert, die Umsetzung ist lieblos und viel zu bürokratisch. Und: die meisten Bürgerinnen und Bürger haben von ihrem neuen Beteiligungsrecht noch nie etwas gehört.

Als Mitinitiator und Berichterstatter für die EBI kann ich das nicht akzeptieren. Das Parlament wollte ein einfaches und wirkungsvolles Instrument der Bürgermitsprache, keinen Hindernislauf für zunehmend frustrierte Organisatoren. Ich habe deshalb die Initiative ergriffen und mit der Unterstützung von 75 Kolleginnen und Kollegen aus allen Fraktionen dieses Thema und mögliche Vorschläge zur Verbesserung auf die Tagesordnung gesetzt. Die Debatte hat eine breite Unzufriedenheit des Hauses mit der Umsetzung offenbart und die Probleme deutlich benannt. Ich freue mich, dass Kommissarin Malmström für die Kommission die Bereitschaft signalisiert hat, sich weiterhin engagiert um den Abbau unnötiger Hürden zu bemühen.

Ich fordere die Spitzen der EU-Institutionen auf, das Jahr der Europäischen Bürgerinnen und Bürger zum Anlass zu nehmen, in einem gemeinsamen, öffentlichkeitswirksamen Auftritt die Bürgerinnen und Bürger über ihr neues Mitgestaltungsrecht zu informieren, ihnen deutlich zu machen, dass die Europäische Bürgerinitiative eine ausgezeichnete Möglichkeit darstellt, die Tagesordnung der europäischen Gesetzgebung mitzubestimmen – und dass sie ihrerseits bereit sind, Bürgeranliegen aufzugreifen und aktiv umzusetzen.“

Die EU-Institutionen müssen ihre Verantwortung für den Erfolg der EBI ernster als bisher nehmen. Das schließt auch mehr Personal und eine bessere Finanzierung der Infrastruktur sowie mehr Unterstützung für die Initiativen ein. Das EP hat den ersten Schritt gemacht. Nun hängt es von Kommission, Rat und den Verwaltungen der Mitgliedstaaten ab, ob die EBI noch zu einem Erfolg wird. 

Hintergrund:

Die EBI wurde von Demokratieinitiativen wie Mehr Demokratie, Democracy International und Initiative & Referendum Institute Europe vorgeschlagen und vom Konvent für die geplante Europäische Verfassung in den Verfassungsentwurf aufgenommen. Nach der Ablehnung des Verfassungsprojektes fand sie Aufnahme in den Vertrag von Lissabon (Art. 11 (4)). 

Der von der Kommission im Frühjahr 2010 veröffentlichte Regelungsentwurf stieß auf breite Ablehnung des Parlamentes. Erst nachdem dessen vier Berichterstatter, A. Lamassoure (EPP), Z. Gurmai (S&D); D. Wallis (ALDE) und G. Häfner (GRÜNE) in Verhandlungen mit dem Rat und der Kommission erhebliche Verbesserungen durchgesetzt hatten, erzielte der so geänderte Entwurf in der Abstimmung vom 15.12.2010 eine überwältigende Mehrheit von 628:15 Stimmen und wurde anschließend am 14.2.2011 auch vom Rat angenommen. 

Seit dem 1.4.2012 können Bürger überall in der EU zu ihnen wichtigen Anliegen Vorschläge machen. Dabei gilt es, die Unterstützung von mindestens 1 Million Unionsbürgern aus mindestens 7 Mitgliedsstaaten zu gewinnen. Erfolgreiche EBIs müssen vom Parlament wie von der Kommission angehört werden. Anschließend prüft die Kommission, ob und ggf. in welcher Weise sie dieses Anliegen am besten umsetzen kann.

Alle 14 Initiativen, die derzeit Unterschriften sammeln, klagen über technische und administrative Hindernisse. Die am häufigsten erwähnten sind:

  • Die von der Kommission entwickelte Software für die Online-Sammlung ist schwerfällig, den Bedürfnissen der Initiativen nicht anpassbar und voller Programmierfehler. Die technische Assistenz seitens der Kommission ist langsam und unzureichend.
  • Die Sicherheitsstandards für die Online-Systeme sind unnötiger weise so hoch angesetzt, dass viele Initiativen die Kosten der verpflichtenden Zertifizierung nicht tragen können.
  • Die ad-hoc Hosting-Lösung der Kommission löst weiterhin nicht alle Probleme. Die Einbindung in die Websites der Initiativen klappt nicht, die Online-Formulare sind fehlerhaft und unübersichtlich gestaltet.
  • Die Formulare für Unterschriften auf Papier sind in einigen Mitgliedstaaten unnötig kompliziert und unübersichtlich.
  • Ca. 11 Millionen EU-Bürger, die nicht in ihrem Heimatland wohnen, können nicht davon ausgehen, dass ihre Unterschrift tatsächlich geprüft wird.

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© Alexander Briel
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