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EU-Innenministerrat

Flüchtlinge schützen statt Grenzen schließen

Zur heutigen Debatte zur Europäischen Asyl- und Migrationspolitik erklärendie grünen Europaabgeordneten Ska Keller, Mitglied im Innenausschuss und Barbara Lochbihler, Menschenrechtskoordinatorin der Grünen/EFA-Fraktion:

Ska Keller:

"Schon wieder wurde auf dem Innenministerrat nichts Substanzielles beschlossen, sondern nur gestritten. Italien übertreibt zwar mit seiner angeblichen Überforderung angesichts von 23 000 Flüchtlingen, mit dem Festhalten an der Dublin II- Verordnung und dem Hinauszögern eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist es aber kein Wunder, dass ein Mitgliedstaat an den Außengrenzen ein Schlupfloch sucht, um die Verantwortung für ankommende Flüchtlinge mit anderen Mitgliedstaaten abzugeben. Trotzdem wundere ich mich sehr darüber, wie man in diesem Zusammenhang von einer unsolidarischen Maßnahme reden kann, während sich Mitgliedstaaten ohne europäische Außengrenzen, wie Deutschland, seit Jahren davor drücken eine größere Anzahl von Asylbewerbern und Asylbewerberinnen aufzunehmen.

Ich bin schockiert, dass unser deutscher Innenminister dieses Verhalten keine Sekunde überdenkt, sondern die logische Konsequenz zu sein scheint, die Grenzen innerhalb des Schengen-Raums zu schließen. Es kann auch nicht sein, dass es immer noch keine gemeinsame Entscheidung gibt, Flüchtlingen aus Libyen aufzunehmen. Müssen wir wirklich warten, bis sich Menschen aus einer Region, in der offensichtlich ein Bürgerkrieg herrscht, unter höchster Gefahr nach Europa durchschlagen oder sollten wir nicht vielmehr dafür sorgen, dass diese Menschen in Sicherheit gebracht werden können? Jedenfalls wird weder der Beschluss mehr Frontexbeamte nach Italien zu schicken, noch die Einigung ein Rückübernahmeabkommen mit Tunesien auszuhandeln, die Situation der Menschen verbessern und verhindern, dass sie versuchen nach Europa zu fliehen.

Barbara Lochbihler:

"Der Streit in der EU verdeutlicht das Scheitern einer gemeinsamen EU-Flüchtlingspolitik. Schon seit langem ist offensichtlich, dass Dublin II keine Perspektive bietet, da es Einreiseländer wie Griechenland, Malta und Italien einseitig belastet. Diese Regelung wird wiederholt missbraucht, um mit rassistischen Parolen gegen Flüchtlinge mobil zu machen. Nichts anderes steckt dahinter, wenn Berlusconi von einem "menschlichen Tsunami" spricht. Auch deutsche Innenminister verfolgen kein anderes Ziel, wenn sie neue Mauern gegen "Asyltouristen" hochziehen wollen. Muss man denn noch einmal darauf verweisen: Allein Tunesien und Ägypten haben seit der Libyen-Krise 400.000 Flüchtlinge aufgenommen, in Italien sind bislang 23.000 Menschen angekommen.

Viele, die in den letzten Wochen im Mittelmeer gestorben sind, hätten gerettet werden können, wenn die EU gehandelt hätte. Nun muss das Bündnis endlich dafür sorgen, dass die Migranten aus Somalia, Eritrea, Mali und anderen afrikanischen Ländern Libyen sicher verlassen können. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex darf nicht eingesetzt werden, um gegen die Flüchtlinge vorzugehen. Vielmehr muss dafür gesorgt werden, dass die Menschen sicher europäischen Boden erreichen und von dort aus auf die Staaten der EU verteilt werden. Die Behörden müssen faire Asylverfahren garantieren."

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