Sacharow-Preis
Die EU muss demokratische Bewegungen unterstützen und aus Fehlern lernen
Anlässlich der heutigen Verleihung des Sacharow-Preises für geistige Freiheit erklärt Barbara Lochbihler, Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Europäischen Parlaments:
“Mit der Entscheidung, den Sacharow-Preis fünf Vertreterinnen und Vertretern des Arabischen Frühlings(1) zu verleihen, würdigt das Europäische Parlament den unermüdlichen Einsatz aller Aktivistinnen und Aktivisten dieser Bewegungen. Sie wirft ein Licht auf die zahlreichen Herausforderungen, mit denen unsere Nachbarländer auf ihrem Weg zur Demokratie, Freiheit und Menschenrechten konfrontiert sind.
Der Sacharow-Preis erinnert die Europäische Union zugleich an ihre eigene Verantwortung. Die EU sollte die Menschen in Tunesien, Ägypten und Libyen in ihren Bemühungen unterstützen, die mühsam erkämpften Rechte in ihren neuen Verfassungen festzuschreiben. Sie muss sich also dafür einsetzen, dass demokratische Institutionen und ein unabhängiges Justizsystem gestärkt werden.
Über Jahrzehnte hinweg hat die EU die autoritären Machthaber in diesen Ländern unterstützt. Im Interesse guter Handelsbeziehungen und der Abwehr von Flüchtlingen hat das Bündnis hingenommen, dass Oppositionelle gefoltert und die Pressefreiheit mit Füßen getreten wurde. Europäische Unternehmen haben sogar die Waffen geliefert, mit denen Ben Ali, Hosni Mubarrak und Muammar al-Gaddafi gegen ihre Kritiker vorgegangen sind. Um so erschreckender ist es, dass nun ein deutscher Rüstungskonzern Panzer nach Saudi-Arabien liefern darf.
Mit Blick auf Syrien hat die EU nun die Chance, aus ihren Fehlern zu lernen. Sie muss offen sein für Flüchtlinge, Abschiebungen nach Syrien stoppen und die Opposition aktiv unterstützen. Unternehmen, die Überwachungstechnologie in das Land exportieren, müssen ebenso in ihre Schranken gewiesen werden wie Firmen, die wie derzeit Siemens Großprojekte mit dem syrischen Regime planen. Denn wer Leute wie die syrischen Oppositionellen Razan Zaitouneh oder Ali Farzat für ihren Einsatz mit dem Sacharow-Preis würdigt und zugleich aus wirtschaftlichen Interessen an der Zusammenarbeit mit al-Assad festhält, macht sich zutiefst unglaubwürdig."
Anmerkungen:
1) Die Preisträger sind: Mohamed Bouazizi (Tunesien), Asmaa Mahfouz (Ägypten), Ahmed al-Zubair Ahmed al-Sanusi (Libyen), Razan Zaitouneh (Syrien), Ali Farzat (Syrien)