Paradebeispiel verfehlter Sicherheitspolitik
Europäisches Ein- und Ausreisesystem
Am heutigen Mittwoch stimmen die Abgeordneten des Innen- und Justizausschusses des Europäischen Parlaments über die Einigung mit dem Ministerrat über eine Verordnung für ein Europäisches Ein- und Ausreisesystem ab. Das System soll die Reisepassdaten sowie Fingerabdrücke und Gesichts-Scans aller Angehörigen von Drittstaaten erfassen, die regulär in die Europäische Union einreisen oder aus der Europäischen Union ausreisen, und für die Dauer von vier Jahren speichern. Betroffen sein werden vor allem Touristen und Geschäftsleute. Die Grünen/EFA-Abgeordneten werden gegen den Vorschlag stimmen. Jan Philipp Albrecht, stellvertretender Vorsitzender des Innen- und Justizausschusses, kritisiert die verfehlte Sicherheitspolitik:
„Das Ein- und Ausreisesystem ist ein Paradebeispiel verfehlter Sicherheitspolitik. Eine Mehrheit aus Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen stellt Touristen und Geschäftsleute unter Generalverdacht.
Die anlasslose Erfassung von Fingerabdrücken und Gesichts-Scans kriminalisiert unverdächtige Reisende und ist unverhältnismäßig, wirkungslos und teuer.
Daten werden bereits heute mit dem Schengener Informationssystem abgeglichen, aber nicht dauerhaft gespeichert. Die EU-Mitgliedstaaten sollten die geschätzten Kosten in Höhe von einer Milliarde Euro besser in Ausstattung und EU-weite Kooperation von Polizei und Sicherheitsbehörden investieren, um gegen Verdächtige und Risikopersonen zu ermitteln.“
Hintergrund:
Die EU-Datenbank-Agentur LISA in Tallinn soll die Daten für die Dauer von zwei Jahren speichern, die Daten von Reisenden mit abgelaufenem Visum („Overstayers“) sogar für vier Jahre. Zugriff auf die Daten haben EU-weit Strafverfolgungs- und Grenzbehörden. Eine Studie im Auftrag des Europäischen Parlaments veranschlagt die Kosten für das neue System mit einer Milliarde Euro (http://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/STUD/2017/583124/IPOL_STU%282017%29583124_EN.pdf). Der Juristische Dienst des Europäischen Parlaments kritisiert die Dauer der Datenspeicherung und die Möglichkeit des Zugriffs der Strafverfolgungsbehörden in einem Gutachten als unverhältnismäßig. Die Einigung wird final im Plenum des Europäischen Parlaments abgestimmt.