Blockade aufheben
Digitalsteuer
Die EU-Regierungen sollen Internetunternehmen wie Apple, Google, Netflix und Facebook gerecht besteuern, fordern die Abgeordneten des Europäischen Parlaments. Die große Mehrheit stimmte für eine Digitalsteuer und folgte dem Vorschlag des Ausschusses für Wirtschaft und Währung. Mehrere EU-Regierungen, darunter auch die deutsche Bundesregierung, lehnen eine EU-weite Digitalsteuer mit einem breiten Anwendungsbereich ab. Deshalb hatten Deutschland und Frankreich einen Kompromiss vorgeschlagen, der nur Online-Werbeeinnahmen besteuert und statt 180 nur die drei größten Digitalunternehmen beträfe. Aber auch dieser abgeschwächte Vorschlag fand beim EU-Finanzministertreffen vergangene Woche nicht die Unterstützung aller Mitgliedstaaten.
Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher in den EU-Institutionen, kommentiert:
„Die Digitalsteuer ist als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet. Die deutsche Bundesregierung hat aus kurzsichtiger Angst um die eigenen Exportüberschüsse eine wirkliche Digitalsteuer blockiert. Eine Digitalsteuer, die Amazon und Apple ausnimmt, ist nicht mehr als ein schlechter Scherz. Es ist an der Zeit, dass alle großen Digitalfirmen ihren fairen Anteil zahlen.
Mit ihrer Uneinigkeit spielen die EU-Regierungen den Populisten in die Hände, die mit dem Finger auf die Unfähigkeit der Europäischen Union zum Lösen drängender Fragen zeigen. Steuerfragen müssen wie Gesetzgebung der Umwelt- und Energiepolitik mit Mehrheitsentscheid beschlossen werden. Steueroasen wie Irland dürfen in der EU-Steuerpolitik keine Vetomacht haben."
Hintergrund
Als Ausweg aus der Blockade von Steuergesetzen durch die EU-Regierungen will die EU-Kommission nächstes Jahr Mehrheitsentscheidungen mittels der Passerelle-Klausel vorschlagen. Allerdings müsste der Beschluss dazu einstimmig von den Mitgliedstaaten gefällt werden, bringt also faktisch keine Änderung der festgefahrenen Situation. Damit einzelne Mitgliedstaaten nicht länger wichtige Steuerdossiers im Rat blockieren können, müsste die EU-Kommission Vorschläge auf Grundlage des Artikels 116 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union vorlegen, der bei Verzerrungen im Binnenmarkt schon heute Entscheidungen per qualifizierter Mehrheit zulässt.