Atomenergie/Staatliche Beihilfen
Skandal auf den letzten Metern: Barroso zwingt EU-Kommission zurück auf Atomkurs
Die Europäische Kommission hat heute die staatlichen Subventionen für die Finanzierung des Reaktorneubaus im britischen Atomkraftwerk Hinkley Point durchgewunken(1) und damit die Weichen in der europäischen Energiepolitik neu gestellt. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Rebecca Harms, kritisiert vor allem das Verhalten des deutschen Energie-Kommissars:
„Dass die EU-Kommission eine Abstimmung von solcher Tragweite nur wenige Wochen vor Ende ihres Mandats durchdrückt, ist ein Skandal. Sie schafft einen gefährlichen Präzedenzfall in der europäischen Energie-Politik.
Diese Abstimmung zeigt, was die Regierung Merkel-Gabriel tatsächlich vom Atomausstieg und der Energiewende jenseits der deutschen Grenzen hält: Nichts. Entgegen aller vorherigen Festlegungen hat der deutsche Energie-Kommissar Günther Oettinger heute für die Finanzierung des Atomkraftwerks gestimmt. Dabei hatte er dieses Vorgehen wiederholt als „sowjetisch“ bezeichnet.
Es ist kaum vorstellbar, dass Oettinger ohne Absprache mit der Regierung in Berlin gehandelt hat. Wenn Angela Merkel es doch ernst meint mit der Energiewende, dann muss sich die deutsche Bundesregierung den unter anderen von Österreich angekündigten Klagen beim Europäischen Gerichtshof anschließen.“
Claude Turmes der energiepolitische Sprecher der europäischen Grünen ergänzt:
„Diese Entscheidung ist nicht nur wirtschaftlicher Wahnsinn, sondern geht auch frontal gegen das Verschmutzer-Prinzip, also dass die Verursacher der Kosten auch dafür aufkommen müssen. Die Entscheidung verstößt gegen bestehende Gesetze zum Energiebinnenmarkt und wurde absichtlich in Rekordzeit, verglichen zu anderen Beihilfefällen, durchgeboxt.
Dieser absurde Deal konnte nur durch eine Verschwörung zwischen der britischen Regierung, dem französischen Konzern EDF, den scheidenden Kommissaren Oettinger und Almunia sowie dem EU-Kommissionspräsidenten Barroso, durchkommen.
Die europäischen Grünen werden sich weiter gegen diesen Entschluss stemmen und eine Annullierung beim Europäischen Gerichtshof fordern.“
(1) EDF soll nach dem Willen der britischen Regierung für die ersten 35 Betriebsjahre des neuen Reaktors einen Festpreis von rund 115 Euro/Megawattstunde (weit über dem heutigen Marktpreis) sowie eine Kreditgarantie über zehn Milliarden Pfund bekommen.