EU-Parlament verurteilt illegale Pushbacks und verweigert Haushaltsentlastung
FRONTEX
Das Europäische Parlament hat heute (Dienstag, 18. Oktober) mit deutlicher Mehrheit die Haushaltsentlastung 2020 für die Europäische Grenzschutzagentur Frontex zum 2. Mal verweigert. Die Grünen/EFA-Fraktion begrüßt, dass das EU-Parlament angesichts der schwerwiegenden Vorwürfe gegen Frontex ein starkes politisches Signal sendet. Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung OLAF deckte im jüngsten Bericht auf, dass Frontex Grundrechtsverletzungen verschwiegen und nationale Behörden bei illegalen Pushbacks unterstützt hat. Mit einem Budget von 118 Millionen Euro im Jahr 2011, das auf 900 Millionen Euro erhöht werden soll, ist Frontex die EU-Agentur, der am meisten Geld zukommt. Das Europäische Parlament ist für die Kontrolle der Ausgaben der europäischen Gelder zuständig.
Erik Marquardt, Grünen/EFA-Mitglied der Frontex-Untersuchungsgruppe des Europäischen Parlaments, kommentiert:
„Das Europäische Parlament hat heute eine klare Entscheidung getroffen. Die Menschenrechtsverletzungen an den Außengrenzen, das Verschleiern von schweren Misshandlungen Schutzsuchender muss beendet werden. Es wurden in den letzten Jahren nicht nur Mauern an unseren Grenzen gebaut, sondern auch eine Mauer aus Lügen über die Verbrechen gegen Geflüchtete. Die heutige Entscheidung ist auch eine Ohrfeige für die EU-Mitgliedstaaten, die Frontex gewähren ließen und europäische Grenzen zu Orten ohne Werte und ohne rechtsstaatliche Prinzipien verkommen ließen. Unsere Grenzen sind nur geschützt, wenn auch die Menschenrechte an diesen Grenzen geschützt werden.”
Viola von Cramon, Grünen/EFA-Mitglied im Ausschuss für Haushaltskontrolle, kommentiert:
„Bis heute hat Frontex weder die vom Europäischen Parlament im Entlastungsbericht 2019 geforderten Strukturreformen durchgeführt, noch etwas gegen die von OLAF festgestellten Menschenrechtsverletzungen unternommen. Mit der heutigen Abstimmung setzt sich das Europäische Parlament stark für die Menschenrechte ein und verurteilt die systematische Zurückdrängung durch die kroatische und griechische Polizei. Es darf nicht durchgehen, dass öffentliche Gelder für Verstöße gegen europäisches und internationales Recht verwendet werden.”
Hintergrund:
Bereits im Jahr 2020 wies die Grünen/EFA-Fraktion auf Berichte hin, denen zufolge die Agentur in illegale Pushbacks von Geflüchteten im Mittelmeer verwickelt sei. Auf Initiative der Grünen/EFA führte der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres eine Anhörung des ehemaligen Direktors der Agentur, Fabrice Leggeri, durch. Die Grünen/EFA waren auch die ersten, die eine Untersuchung durch die Europäische Kommission und die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses des Europäischen Parlaments forderten. Bis heute hat die Agentur weder die vom Europäischen Parlament in seinem Entlastungsbericht 2019 geforderten Strukturreformen durchgeführt, noch die vom Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) festgestellten Menschenrechtsverletzungen (Belästigung, Fehlverhalten und Pushbacks Geflüchteter) behoben.