Iran
Sanktionen sind notwendig - Regierung darf angekündigte Proteste nicht unterdrücken
Anlässlich des Jahrestags der Proteste gegen den Wahlbetrug bei den iranischen Präsidentschaftswahlen vom 12. Juni sowie der Abstimmung des UN-Sicherheitsrats über Iran-Sanktionen erklärt Barbara Lochbihler, Grüne Europaabgeordnete und Vorsitzende der Iran-Delegation des Europäischen Parlaments:
"Scheinhinrichtungen, Folter, Vergewaltigungen, Todesurteile die Bilanz verweist auf eine dramatische Menschenrechtssituation. Seit im Juni 2009 Hunderttausende in Teheran demonstrierten, gehen die Basij-Milizen und andere Sicherheitskräfte mit äußerster Härte gegen jegliche Opposition vor. In der Folge wurden Tausende inhaftiert, mindestens 100 Menschen kamen ums Leben. Auch weiterhin geht die Justiz mit Schauprozessen gegen Kritiker der Regierung vor. Allein im letzten halben Jahr sind 17 Menschen hingerichtet worden, Oppositionelle werden auf offener Straße von Schlägern des Regimes angegriffen.
Dass im Vorfeld des Jahrestags der Wahlen 80 Personen freigelassen wurden, ist zu begrüßen. Dennoch fordern wir die umgehende Freilassung aller, die bei den friedlichen Protesten verhaftet wurden. Die iranische Führung muss die für den Jahrestag angekündigten Proteste zulassen und das Recht auf Demonstrations- und Meinungsfreiheit respektieren. Brachiale Gewalt bietet keine Lösung für die Unzufriedenheit und Desillusionierung vieler Iranerinnen und Iraner.
Es ist zu begrüßen, dass das mit Brasilien und der Türkei ausgehandelte Abkommen zum Tausch leicht angereicherten Urans gegen nuklearen Brennstoff Verhandlungsspielraum eröffnet hat. Leider kann die Vereinbarung die Zweifel nicht entkräften, dass der Iran weiterhin die Herstellung waffenfähigen Plutoniums vorantreiben will. Es ist fraglich, ob die neuen UN-Sanktionen den Iran zum Einlenken bewegen können. Bisherige Sanktionen haben die mangelnde iranische Kooperation im Nuklearstreit nicht verändern können. Begrüßenswert ist es, dass die Sanktionen nicht die Bevölkerung treffen sollen.
Diese Sanktionen sind vor allem Ausdruck des internationalen Misstrauens gegenüber der iranischen Regierung und sollten Ahmadineschad zu denken geben. Die Auseinandersetzungen um das iranische Atomprogramm sollten nicht den Blick verstellen auf die enormen innenpolitischen Herausforderungen, die es heute im Iran gibt. Die EU darf sich deshalb nicht nur auf das Nukleardossier konzentrieren, sie muss einen Zusammenhang zwischen internen Entwicklungen, wirtschaftlichen Problemen und sicherheitspolitischen Herausforderungen in der Region herstellen.
Die Widersprüche im Iran sind nicht kleiner geworden. Die iranische Führung wird nicht umhin kommen, tief greifende Reformen zuzulassen. Repression und gesellschaftlicher Stillstand werden den Kapazitäten des Landes, seiner tausendjährigen Geschichte, seiner Bevölkerung und seiner Ressourcen nicht gerecht. Nur durch eine Demokratisierung wird der Iran sein Potential ausschöpfen können - zum Vorteil der Bevölkerung und im Interesse einer Stabilisierung der Region."