Finanztransaktionssteuer
Europaparlament rettet die Steuer vor den Lobbyisten
Heute hat das Europaparlament über seine Position zum EU-Kommissionsvorschlag für eine europäische Finanztransaktionssteuer abgestimmt (1). Die Wirtschafts- und Finanzminister der EU haben im Januar entschieden, die Finanztransaktionssteuer (FTT) zunächst in verstärkter Zusammenarbeit in 11 Mitgliedsländern der EU einzuführen (2). Der jetzt diskutierte Vorschlag sieht nicht nur die Besteuerung des Handels mit Aktien und Anleihen mit einem geplanten Mindestsatz von 0,1 % vor, sondern schließt auch Derivate mit einem Mindestsatz von 0,01 % ein. Nach dem Gesetzesvorschlag sollen auch Pensionsfonds und andere Publikumsfonds steuerpflichtig werden, so dass eine breite Steuerbasis erreicht wird. Im Anschluss an die Stellungnahme des Europaparlaments, entscheidet der Rat der Mitgliedsländer abschließend über das Gesetz.
Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament kommentiert das Abstimmungsergebnis:
“Die Finanzlobby hat in den letzten Wochen große Anstrengungen unternommen, möglichst viele Abgeordnete von diversen Steuerausnahmen zu überzeugen. Zum Glück ist es uns aber gelungen, den Kern des Vorschlags zu erhalten. Das Parlament stimmt mit breiter Mehrheit für eine Steuer, die für eine große Masse von Finanzprodukten und Finanzmarktakteuren gilt. Auch für den ursprünglichen Vorschlag von Professor James Tobin, Devisentransaktionen zu besteuern, hat eine Mehrheit der Abgeordneten gestimmt und geht damit über den EU-Kommissionsvorschlag hinaus.
Während die Konservativen und Liberalen ursprünglich für die Ausnahme von Pensionsfonds von der Steuer stimmen wollten, konnten wir einen parteiübergreifenden Kompromiss finden. Sie sollen nun erst ab dem vierten Jahr nach der Einführung mit einem verringerten Satz von 0,05%, anstelle von 0,1%, besteuert werden. Auch für Staatsanleihen und Rückkaufvereinbarungen (Repos) sollen geringere Steuersätze gelten. Konzerninterne Transaktionen, Eigenhandel durch Market Maker und einige Geschäfte von Unternehmen, die keine Finanzinstitutionen sind, sollen von der Steuer befreit werden. Diese Ausnahmen untergraben die Wirksamkeit und Einfachheit der Finanztransaktionssteuer.
Wir haben trotz der Ausnahmen für den Bericht gestimmt, weil die Steuerbasis nach wie vor breit ist, die Devisentransaktionen mit aufgenommen wurden und es keine allgemeine Ausnahme für Pensionsfonds geben soll.
Darüber hinaus fordert der Wirrtschaftsausschuss, dass ein substantieller Teil der Einnahmen aus der Steuer direkt in den EU Haushalt fließt. Unsere Forderung, dass die Einnahmen in globale öffentliche Güter, wie Armutsbekämpfung und Klimaschutz fließen, ist leider nicht angenommen worden. Nur so besteht aber die Chance, die ursprüngliche Idee von Tobin zu wahren: Die Schwellenländer müssen sich anschließen, damit die FTT sich doch noch globalisiert."
Anmerkungen:
(1) Die teilnehmenden Länder sind: Belgien, Deutschland, Estland, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Österreich, Portugal, Slowenien und die Slowakei.
(2) Der Vorschlag der Kommission ist hier zu finden. Und meine Bewertung gibt es hier: http://www.sven-giegold.de/2013/finanztransaktionssteuergesetzesentwurf-der-eu-kommission-grund-zu-freude-und-wachsamkeit/