Finanztransaktionssteuer
Gesetzesentwurf der EU-Kommission Grund zu Freude und Wachsamkeit
Die Wirtschafts- und Finanzminister der EU haben im Januar beschlossen, die Finanztransaktionssteuer (FTT) zunächst in verstärkter Zusammenarbeit in 11 Mitgliedsländern der EU einzuführen (1). Heute hat die Europäische Kommission den entsprechenden Gesetzesvorschlag vorgelegt. Das ist Grund zur Freude für alle in der Zivilgesellschaft, von Attac über Kirchen, Gewerkschaften bis hin zu Entwicklungsorganisationen, die über 15 Jahre für die FTT gestritten haben. Nun müssen im nächsten Schritt die teilnehmenden Länder den Vorschlag nach Anhörung des Europaparlamentes verabschieden. Die FTT wird kurzfristige Finanzgeschäfte verteuern und eindämmen. Dringend benötigte Steuermehreinnahmen kommen so zusammen. Die Kommission rechnet mit Einnahmen von 31 bis 35 Milliarden Euro pro Jahr.
Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament kommentiert den Vorschlag:
"Nachdem die 27 Mitgliedstaaten der EU sich nicht einigen konnten, die Besteuerung von Transaktionen in ihren Ländern umzusetzen, will eine Koalition kooperationsbereiter Mitgliedsstaaten endlich einen Schritt nach vorn machen. Für die Umsetzung der FTT hat die Kommission heute erfreulicherweise einen Gesetzesvorschlag vorgelegt, in dem wichtige grüne Forderungen zur Vermeidung der Steuerumgehung berücksichtigt wurden.
Der Vorschlag sieht nicht nur die Besteuerung von Aktien und Anleihen mit einem geplanten Mindeststeuersatz von 0,1 % vor, sondern schließt auch Derivate mit einem Mindeststeuersatz von 0,01 % ein. Eine erfreulich breite Steuerbasis wird ebenso bei den Akteuren erreicht. Denn nach dem neuen Gesetzesvorschlag sind auch Pensionsfonds und andere Publikumsfonds steuerpflichtig. Im Vergleich zum ersten Vorschlag der Kommission wurde das Wohnsitzlandprinzip um das Ausgabeprinzip ergänzt. Demnach wird die FTT nun auch fällig, wenn sich der Wohnsitz eines Handelspartners oder der Ausgabeort der Wertpapiere innerhalb der Teilnehmerländer befindet, selbst wenn die Transaktion außerhalb der teilnehmenden Mitgliedsländer durchgeführt wird. Damit wird eine Umgehung der Steuer durch Sitzverlagerungen oder durch einen Wechsel des Börsenstandortes erschwert. Ein Exodus wie bei der schwedischen Börsenumsatzsteuer wird damit vermieden.
Allerdings muss der Gesetzesvorschlag noch weitergehen, um einer Umgehung der Steuer entgegenzuwirken. Der Erfolg der FTT hängt von den Details in der Umsetzung ab. Nichts wäre schlimmer, als wenn die Idee der FTT durch Sonderinteressen oder handwerklich schlechte Umsetzung verbrannt würde. Als weitere Vorkehrung gegen Steuerschlupflöcher fordern wir deshalb die Einrichtung eines dauerhaften Komitees, das die Umsetzung der FTT und die effektive Besteuerung von Finanztransaktionen in den Mitgliedsstaaten überwacht. Das Komitee soll mit administrativen Maßnahmen gezielt und schnell auf Steuerumgehung und Steuerhinterziehung reagieren. Das erhöht die Unsicherheit schon bei der Entwicklung von Steuerumgehungsmodellen und macht sie somit wirtschaftlich unattraktiv. Zudem wollen wir, dass ein substantieller Teil der Einnahmen in globale öffentliche Güter, wie Armutsbekämpfung und Klimaschutz fließt. Nur so besteht die Chance, die Idee von Tobin zu wahren, indem sich die Schwellenländer anschließen und die FTT sich doch noch globalisiert."
(1) Die teilnehmenden Länder sind: Belgien, Deutschland, Estland, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Österreich, Portugal, Slowenien und die Slowakei.