Finanzmarktregulierung
Licht in das Schattenreich der Derivate
Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung im Europaparlament hat heute seine Positionierung zur Regulierung von bilateralen Derivategeschäften (OTC derivative transactions) abgestimmt. Der Gesetzgebungsvorschlag ist ein großer Fortschritt in der Finanzmarktregulierung seit Ausbruch der Krise. Bis jetzt wurden diese Produkte in einem für Aufseher undurchsichtigen Markt vollkommen ohne Regulierung gehandelt. Durch diese Verbesserungen kommt die europäische Union ihrem Versprechen nach, die Sie auf dem G20 Gipfel in London und Pittsburgh 2009 gemacht hat.
Auslöser der Debatte war die Quasi-Insolvenz des Versicherungskonzerns AIG, die die Verwundbarkeit der Versicherungsbranche durch Kreditderivate enthüllt hat. Die undurchsichtigen und komplexen Verknüpfungen zwischen den großen amerikanischen und europäischen Banken und Versicherern durch Derivategeschäfte außerhalb anerkannter Handelsplattformen haben sich als eine Bedrohung für die Finanzmarktstabilität herausgestellt. Die offenen Positionen bilateraler Derivateverträge belaufen sich schätzungsweise auf über 600 000 Milliarden Dollar.
Nach der Abstimmung kommentierte Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament:
"Die Positionierung des Parlaments ist ein wichtiger Schritt in Richtung Regulierung von ungebändigten Finanzmärkten. Der Derivatehandel wurde zu lange sich selbst überlassen. Das Europaparlament hat ein starkes Signal gesendet, in dem es den Vorschlag der Europäischen Kommission unterstützt. Demzufolge sollen zukünftig der Großteil der bilateralen Derivategeschäfte durch so genannte zentrale Gegenparteien (CCCPs) abgewickelt werden, wodurch das systemische Risiko im Finanzsystem verringert wird.
Das Europaparlament geht noch weiter und fordert, dass die Berichtspflicht über Transaktionen auf alle Arten von Derivaten ausgeweitet wird. Die Gesetzgeber sollen dadurch einen Gesamtüberblick über die Belastungen der Akteure durch Derivate bekommen. Dies geschieht unabhängig davon, ob sie an zentralen Gegenparteien gehandelt wurden, oder eben nicht. Außerdem hat das Parlament die Rolle der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) gestärkt. In Zukunft soll es keinen Wettbewerb zwischen den zentralen Gegenparteien geben, weil dadurch die Qualität der Risikomanagementstandards der konkurrierenden Handelsplattformen leiden könnte.
Bedauernswert ist, dass sich die Bundesregierung im Rat bisher gegen eine europäische Direktaufsicht der CCCPs durch ESMA widersetzt. Hier wird der Rat seine Position noch ändern müssen, damit es zu einer Einigung mit dem Parlament kommen kann."