Einigung bei Finanzmarktrichtlinie MiFID
Europaparlament setzt strenge Grenzen für Hochfrequenzhandel und Nahrungsmittelspekulation durch
Gestern Abend haben sich Vertreter des Europaparlaments und des Rats auf eine Kompromiss zur Finanzmarktrichtlinie (MiFID) geeinigt. MiFID in Verbindung mit der dazugehörenden Verordnung MiFIR regelt Wertpapier- und Kapitalmärkte in Europa. Damit werden Anlageprodukte für Kleinanleger genauso erfasst wie Börsen und das Geschäft institutioneller Anleger oder Warenterminmärkte.
Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament kommentiert die Einigung:
“Nahrungsmittel- und Rohstoffspekulation werden in Zukunft harte Grenzen gesetzt. Überall in Europa gelten starke Positionslimits. Exzessive Liquidität auf Europas Finanzmärkten kann künftig nicht mehr die Preise von Nahrungsmitteln treiben. Das ist ein großartiger Sieg für das Bürgerengagement in Europa. Entwicklungsorganisationen, Kirchen und sozialen Bewegungen wie auch Grüne setzten sich jahrelang für ein Ende der Nahrungsmittelspekulation ein. Die jetzt gefundene Einigung geht über die Vorschläge der EU-Kommission wie auch des Europaparlaments hinaus.
Die größten Verrücktheiten des Hochfrequenzhandel finden schließlich ein Ende. Preissprünge im Handel müssen eine Mindestgröße haben, was die Rendite des Hochfrequenzhandels stark senken wird (“minimum tick size regime”). Alle benutzten Algorithmen müssen getestet werden. Bei den Handelsplattformen wurde ein neuer Marktplatz (OTF) eingeführt, der große Teile des intransparenten OTC Handels durch die MiFID-Regeln erfassen wird.
“Im Bereich des Verbraucherschutzes auf dem Finanzmarkt gab es durch den starken Widerstand im Rat der Mitgliedsländer und im Europaparlament nur wenige Fortschritte. Die Europäische Wertpapieraufsicht ESMA kann in Zukunft verbraucherschädigende Finanzprodukte verbieten. Der wichtigste Grüne Erfolg hier ist, dass die versteckten Kosten von Finanzprodukten erstmals wirklich klar in Heller und Pfennig offengelegt werden müssen und zwar in einer jährlichen Gebührenrechnung. Zudem werden Anbieter von Finanzprodukten zukünftig definieren, für welche Anleger sie geeignet sind. Bei der Gleichbehandlung von Investmentprodukten im Versicherungsmantel mit anderen Finanzprodukten konnte sich das Parlament nicht gegen den Rat durchsetzen. Die deutsche Bundesregierung hatte sich mit Frankreich erfolgreich für die Versicherungslobby eingesetzt und den Anlegern einen teuren Bärendienst erwiesen. Großbritannien trat dagegen für fairen Wettbewerb zwischen Lebensversicherungen und Investmentfonds ein. Für das von den Grünen geforderte Ende des provisionsgetriebenen Finanzvertriebs konnten wir leider schon bei der vorangegangen Abstimmung im Parlament keine Mehrheit finden."