EU-Verteidigungspolitik
Europa senkt Militärausgaben - Wie wärs mit ein paar Absprachen?
Zur heute beginnenden Tagung der EU-Verteidigungsminister in Gent erklärt Reinhard Bütikofer, sicherheitspolitischer Sprecher der Grünen/EFA im Europaparlament und Omid Nouripour, Sprecher für Sicherheitspolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag::
"Die EU-Verteidigungsminister haben die Wahl: Entweder sie bedauern sich gegenseitig angesichts erheblicher Einschnitte in den nationalen Verteidigungshaushalten oder sie fangen an, vernünftig und koordiniert zu kürzen.
Haushaltszwänge sowie gesteigerte Belastungen durch Auslandseinsätze sind die Hauptgründe für den Geldmangel in immer mehr Verteidigungsetats. Schon vor den zuletzt national beschlossenen Kürzungen konnten die meisten Verteidigungsminister nur mit großen Mühen ausreichend Personal für EU, NATO und UN-Einsätze finden. Europas viele Armeen haben zwar insgesamt ca. 2 Millionen Soldatinnen und Soldaten, davon sind jedoch nur 10-15% für internationale Missionen einsetzbar. Erfreulich ist, dass nun viele EU-Mitgliedsländer gezwungen sind, auf überflüssige militärische Ausgaben zu verzichten.
Sparen die Verteidigungsminister intelligent, indem sie sich absprechen, können sie Mittel für dringlichere Zwecke freisetzen. Zugleich muss die aktuelle Situation auch als Chance genutzt werden, mehr Harmonisierung im Verteidigungsbereich zu erreichen. Europa kann mit dem Lissabon-Vertrag im Rücken endlich den Versuch wagen, auch in der Sicherheitspolitik klare Schritte nach vorne zu machen. Das Instrument dafür heißt "Permanente Strukturierte Zusammenarbeit".
Mitgliedsländer sollten bestimmte, auf nationaler Ebene nur noch mit Mühe zur Verfügung gehaltene militärische Fähigkeiten ganz abbauen, weil der Nachbar sie besser beherrscht und im Krisenfall einspringen kann. Die Verteidigungsminister können das nicht alleine in die Wege leiten, weil dabei auch schwierige politische Fragen berührt sind, wie der unverzichtbare deutsche Parlamentsvorbehalt. Die Verteidigungsminister sind in Gent aufgefordert, mit der Abstimmung ihrer Budgetkürzungen zu beginnen und in für internationale Missionen zentralen Bereichen gemeinsame Beschaffungen zu tätigen."