Weißbuch zur Zukunft des Verkehrs
: Kommission für Verkehrswende mit angezogener Handbremse
Heute hat die Europäische Kommission das lange erwartete und mehrfach verschobene 'Weißbuch für einen wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Verkehrssektor' veröffentlicht. Zu den darin vorgeschlagenen Zielen und Maßnahmen erklären Michael Cramer und Eva Lichtenberger, verkehrspolitische Sprecher der Grünen/EFA im Europäischen Parlament:
"Die Kommission hat die riesigen Herausforderungen an den EU-Verkehrssektor richtig erkannt - doch nun hat sie Angst vor der eigenen Courage. Anstatt die Notwendigkeit eines sofortigen Umlenkens anzuerkennen, wird dem Klassenletzten beim Klimaschutz - der mittlerweile 30% aller CO-Emissionen verursacht - weiterhin eine Vorzugsbehandlung durch Wettbewerbsverzerrungen und laschere CO2-Ziele zugestanden. Und eine Vermeidung von überflüssiger Mobilität ist in den Augen der Kommission gar grundsätzlich 'keine Option'.
Vielmehr sollen künftige Generationen und das Klima die Zeche des Verkehrsrausches zahlen, denn echte Anstrengungen werden auf die Zeit nach 2030 verschoben. Die heutigen Entscheider werden diese folglich selbst nicht mehr erleben. So begnügt sich die Kommission bis 2030 mit Trippelschritten von jährlich 1%, um bis dahin lediglich 20% Treibhausgase gegenüber 2008 einzusparen. Dies läge noch immer 8% über dem Niveau von 1990. Auf diese Weise würde der Verkehrssektor für seine Versäumnisse der letzten Jahrzehnte auch noch mit weiterer Vorzugsbehandlung belohnt!
Erst ab 2030 sollen plötzlich wundersame Riesenschritte folgen, um bis 2050 eine Minderung um mindestens 60% gegenüber 1990 zu erreichen. Doch selbst wenn dies gelänge, wären diese Anstrengungen nicht dem selbst gesteckten EU-Ziel einer gesamtwirtschaftlichen Minderung von 80-95% bis 2050 vereinbar.
Für das laufende Jahrzehnt begnügt sich die Kommission mit einem Sammelsurium von ohnehin bereits angestoßenen Einzelmaßnahmen. Faire Besteuerung und das Ende der Subventionierung von Klimakillern wie dem Luftverkehr will die Kommission lediglich 'prüfen', für die Anrechnung externer Kosten soll ein Leitfaden genügen und das immer dringendere Problem des Bahnlärms soll erst bis Ende des Jahrzehnts gemeinsam angegangen werden.
Positiv zu nennen ist das Ziel, konventionelle Autos bis 2050 ganz aus den Städten zu verbannen. Zudem sollen bis 2030 30% des Straßengüterverkehrs bei Distanzen über 300 km auf Schiene und Wasserstraße verlagert und EU-Förderung endlich offiziell auf 'grüne Infrastruktur', statt auf teure und langwierige Megaprojekte konzentriert werden.
Unter dem Strich steht fest: Dem Verkehrssektor als Klassenletzter in Sachen Klimaschutz würde so eine Schonbehandlung zu Teil. Wir fordern die Kommission im Interesse der Bürger und des Klimas deshalb auf, mehr Rückgrat zu beweisen."