EU-Gipfel
EU-Rat stärkt Krisenmechanismus - Budgetdebatte glänzt durch Oberflächlichkeit
Zum Ergebnis des Europäischen Gipfels erklären Rebecca Harms und Dany Cohn-Bendit, Ko-Fraktionsvorsitzende der Fraktion Die Grünen/EFA im Europäischen Parlament:
"Die Entscheidung des Europäischen Rates einen dauerhaften Krisenmechanismus durch eine begrenzte Änderung der EU-Verträge auf eine rechtlich unanfechtbare Grundlage zu stellen ist ein richtiger Schritt. Zukünftig sollen außerdem nicht nur die Bürgerinnen und Bürger die Sanierungskosten für die Länder schultern, die in Schwierigkeiten geraten sind. Auch Banken und andere Gläubiger sollen für das Risiko, das sie eingegangen sind, haften.
Wir bedauern allerdings, dass die EU-Staats- und Regierungschefs nicht dem Vorschlag von Kommisar Rehn gefolgt sind, der Kommission bei der Einleitung eines Sanktionsverfahrens die entscheidende Rolle zu geben. Hierdurch hätte sichergestellt werden können, dass die präventive Funktion des Stabilitätspaktes durch frühzeitige korrektive Maßnahmen gestärkt und nicht politischem Opportunismus geopfert würde. Eine stärkere Einbeziehung des Parlaments in solche Maßnahmen ist für uns unerlässlich, um die demokratische Kontrolle der neuen "economic governance" zu gewährleisten.
Offen ist noch die Ausgestaltung der Sanktionen. Wir begrüßen, dass der Rat den von Angela Merkel geforderten Stimmrechtsentzug für wiederholte Defizitsünder nicht unterstützt hat. Politische Entmündigung sollte kein Instrument gemeinsamer Politik sein. Aber auch Auflagen und mögliche finanzielle Sanktionen müssen so ausgelegt werden, dass sie einem ohnehin in Schwierigkeiten befindlichen Staat nicht alle Entwicklungsmöglichkeiten nehmen.
Die Beschlüsse des Rates zum Haushalt sind vordergründig und unehrlich. Wenn es wirklich um Sparsamkeit ginge, müsste als erstes ein Wahnsinnsprojekt wie ITER, der Fusionsforschungsreaktor, gestrichen werden. Das würde sofort mehrere Milliarden Einsparungen bringen und weit über 2020 hinaus verhindern, dass für ein unsinniges Projekt jahrzehntelang Unsummen verschwendet werden. Statt um willkürliche Sparziele muss es im Rat endlich um Reformen des EU-Haushaltes gehen. Die Zukunft des Britenrabatts, die Reform der Agrarpolitik oder die Schaffung von EU-Eigenmittel sind die Themen, um die es in einer ernsthaften Beratung über einen zukunftsfähigen EU-Haushalt gehen müsste. Eigenmittel der EU würden den Beitrag der Mitgliedsstaaten reduzieren, den EU-Haushalt sichern und die Erfüllung von wachsenden Aufgaben gewährleisten.
Die europäische Klimapolitik befindet sich im Koma. Die Union muss ihre innere Zerstrittenheit endlich überwinden und die längst überfällige Erhöhung des europäischen Emissionsminderungsziels auf 30% bis 2020 beschließen und sich klar zu einer weiteren Kyoto-Verpflichtungsperiode bekennen. Die EU riskiert sonst auch in Cancun am Katzentisch zu landen, wie im letzten Jahr in Kopenhagen."