EU-Gipfel
Erdogan als oberster Grenzschützer der EU
In der Nacht zum Freitag haben sich die EU-Staats- und Regierungschefs auf die Grundsätze eines Abkommens mit der Türkei zum Umgang mit Flüchtlingen geeinigt. Die Türkei soll bis zu drei Milliarden Euro bekommen, die Bedingungen für Visa sollen vereinfacht und mehrere Kapitel in den Beitrittsverhandlungen geöffnet werden. Einen Zeitplan gibt es allerdings noch nicht, auch über Details müsse noch weiter beraten werden, hieß es am Ende des Gipfels. Die Ergebnisse kommentiert die Vorsitzende der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Rebecca Harms:
"Auch dieser Europäische Gipfel zeigt, wie schwer sich die Staats- und Regierungschefs mit gemeinsamen Antworten auf die Flüchtlingskrise tun. Das wichtigste Thema, nämlich eine solidarische Verteilung von Flüchtlingen in den EU-Staaten, wird erneut verschoben. Einig ist man sich schnell darin, dass der Grenzschutz verstärkt werden soll und mehr Flüchtlinge in der Türkei bleiben oder auch systematisch dorthin zurück geschickt werden sollen.
Es ist richtig, mehr für die Verbesserung der Lage von Flüchtlingen außerhalb der EU zu tun. Allerdings darf das nicht bedeuten, dass die EU sich ihrer Verantwortung gemessen an ihrer wirtschaftlichen Stärke und ihren Werten entzieht. Es sollte eine Mahnung an die EU Regierungen sein, dass ein Flüchtling an der bulgarischen Grenze erschossen wurde.
So richtig die erneute Einsicht ist, dass die EU und die Türkei sich gegenseitig brauchen, so falsch ist es, dass die Vertreter der EU und die Regierungschefs zu der politischen Eskalation in der Türkei schweigen. Mit ihren Versprechen an Erdogan und ihrer gleichzeitigen Kritiklosigkeit laufen die Europäer Gefahr, die verantwortungslose Politik des türkischen Präsidenten nur zwei Wochen vor den Wahlen zu unterstützen. Das wird nicht dazu führen, dass der Präsident und seine Partei zu einem demokratischen Prozess zurückkehren.
Die EU-Mitgliedsländer können nicht alle, aber mehr Flüchtlinge aufnehmen und dürfen Erdogan nicht zu ihrem obersten Grenzschützer machen."