EU-Gipfel
Tiefpunkt der europäischen Demokratie
Zum heutigen Gipfeltreffen des Europäischen Rates in Brüssel zur Lösung der Eurokrise erklärt Rebecca Harms, Vorsitzende der Grünen/EFA im Europäischen Parlament:
“Das Ergebnis ist in erster Linie ein Notausgang für Angela Merkel und gleichzeitig ein Tiefpunkt der europäischen Demokratie. So wichtig es ist, den unangemessenen Forderungen David Camerons Grenzen aufzuzeigen, so wenig werden wir einen intergouvernementalen Vertrag neben den Europäischen Verträgen akzeptieren. Wirtschaftspolitisch ist der Gipfel ein Fiasko. Angesichts der Entwicklungen der Wirtschaftskrise ist die alleinige, einseitige Entscheidung für Schuldenbremsen unverantwortlich. Der Rat hat die Gelegenheit ausgelassen, Maßnahmen gegen die Rezession zu beschließen und die Schuldenproblematik Italiens anzugehen.
Die europäischen Regierungen verweigern sich der Dringlichkeit der Krise. Italien und Spanien werden zu Beginn des Jahres erhebliche Summen zur Schuldenrefinanzierung benötigen. Deshalb brauchen wir gerade nichts mehr als ein wirkungsvolles Mittel gegen Spekulanten auf den Anleihenmärkten. Stattdessen liefert der Rat wieder nur Halbgares. Der Beitrag des IWF sieht bislang unzureichend aus, Merkels Schwenk auf Gläubigerbeteiligung über den IWF ist Augenwischerei. Die weitgehende Einbindung des IWF zeigt, in was für politischen Problemen die EU steckt.
Die EZB kann derzeit jede Rückendeckung zur Rettung des Euros gebrauchen, an einer Banklizenz für die EFSF führt kurzfristig kein Weg vorbei und spätestens mittelfristig brauchen wir Eurobonds.
Ein Extravertrag außerhalb der EU-Verträge zeigt die Abneigung des Rates gegen demokratische Verfahren in der EU. Abgesehen von der rechtlichen Unsicherheit, die von so einem Extravertrag ausgeht, fehlt dem Verfahren jegliche Kontrolle durch das Europaparlament. Die Grünen werden im Europaparlament darauf drängen, Vorschläge für eine angemessene, ordentliche Vertragsänderung zu unterbreiten, für einen Euro, der auf Solidität und Solidarität fußt. Sollten die Rechte des Parlaments nicht voll berücksichtigt werden, werden wir alle rechtlichen Mittel nutzen, um dem Parlament Gehör zu verschaffen."