EU-Gipfel
Führungsschwäche in der EU gefährdet Euro und die Einheit Europas
Zum Ergebnis des Europäischen Rates erklärt Rebecca Harms, Ko-Fraktionsvorsitzende der Grünen/EFA im Europäischen Parlament:
"Mit der Entscheidung, das Rettungspaket für Griechenland bis Anfang Juli auf den Weg zu bringen, haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU eine Atempause verschafft. Aber über der Zukunft des Euros hängt nach wie vor ein Damoklesschwert. In jeder Phase der Eurokrise hat der Europäische Rat zu spät und zu zögerlich gehandelt und Maßnahmen beschlossen, die zu kurz greifen. Die sich fortsetzende Führungsschwäche gefährdet den Euro und letztlich die Einheit Europas. Das schlimmste politische Defizit besteht darin, dass Rat und Kommission unfähig sind, zu vermitteln, dass europäische Solidarität mit den Krisenländern allen EU-Bürgern nützt.
Das letzte Kapitel der Griechenlandkrise führt das anschaulich vor Augen. Natürlich muss Griechenland entschlossene Maßnahmen ergreifen, um sein Budgetdefizit in den Griff zu bekommen, aber das auch bei diesem Gipfel empfohlene Rezept, Sparpakete auf Sparpakete zu häufen, macht es in Wirklichkeit immer schwieriger die Schuldenlast zu reduzieren. Diese Strategie verschärft auch die Armut und untergräbt die Unterstützung der Öffentlichkeit für das europäische Projekt. Die vom griechischen Finanzminister präsentierten Steuerpläne verschonen erneut die Staatsbediensteten und Wohlhabenden, aber belasten den Mittelstand und die wirtschaftlich Schwachen. Die Zögerlichkeit, wenn es darum geht Privatgläubiger an der Lösung der Schuldenkrise einzubinden, verlängert die Agonie der Eurozone weiter. Eine sanfte und gut abgesicherte Umschuldung Griechenlands ist unvermeidlich und sollte endlich entschlossen angegangen werden. Das Problem weiterhin auf die lange Bank zu schieben, erhöht am Ende nur die Kosten für die europäischen Steuerzahler. Ebenso verstärkt das neuerliche Versäumnis, sich deutlich zur Einführung von Eurobonds zu bekennen, den Vertrauensverlust in die Eurozone."
Dany Cohn-Bendit, Ko-Fraktionsvorsitzender der Grünen/EFA im Europäischen Parlament:
"Eine wirksame Unterstützung Griechenlands muss auch ein Investitionsprogramm beinhalten. Die Wirtschaft kommt nicht durch Sparen wieder hoch. Investitionen, beispielsweise in den Umbau des Energiesektors, kurbeln die Wirtschaft wieder an und geben damit den Menschen in Griechenland eine Zukunftsperspektive. In diesem Sinne gehen Barrosos Vorschläge, EU-Fördermittel rascher und wenn nötig auch ohne Kofinanzierung zur Verfügung zu stellen, in die richtige Richtung. Die Beträge, über die man derzeit spricht, sind allerdings eher ein Tropfen auf den heißen Stein."
Dany Cohn-Bendit zur Aufweichung des Schengen-Abkommens:
"Bei Schengen hat der Rat dem Drängen Frankreichs und Italiens nachgegeben und die begrenzte Wiedereinführung von Grenzkontrollen erlaubt. Damit wird ohne Not ein Kernstück der europäischen Einheit geopfert. Zur Bewältigung der Flüchtlingskrisen braucht es mehr Europa, eine echte gemeinsame Migrations- und Flüchtlingspolitik, und nicht den Rückzug in die vermeintliche Sicherheit nationaler Schneckenhäuser."