Staatsbeihilfen im Energiebereich
Daumenschrauben für Bürger, Roter Teppich für die Industrie
Heute hat EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia seine Leitlinien für staatliche Beihilfen im Energiesektor vorgelegt. Die Grünen kritisieren die Leitlinien heftig. Sie lassen weiterhin großzügige Ausnahmen für die Industrie zu (1) und sehen die Umstellung auf ineffiziente Ausschreibungsmodelle zur Förderung von Erneuerbaren Energien vor.
Rebecca Harms, Vorsitzende der Grünen/EFA-Fraktion kommentiert:
"Die Leitlinien zeigen es wieder: Hier wird nicht für die Energiewende gekämpft sondern der fossil-atomare Energiemix verteidigt. Großzügige Industrieausnahmen bleiben bestehen. Privatverbraucher und Mittelstand zahlen die Rechnung. Die energieintensive Industrie profitiert schon seit Jahren vom Ausbau der Erneuerbaren Energien durch sinkende Börsenstrompreise. Gleichzeitig setzt die EU-Kommission auf komplizierte Ausschreibungen zur Förderung der Erneuerbaren Energien. Das Modell hat sich schon in mehreren Ländern als ineffizientes Bürokratiemonster erwiesen. Es würgt Bürgerprojekte ab. So wird die bislang große Unterstützung für saubere Energien in der Gesellschaft verspielt."
Der energiepolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion, Claude Turmes erklärt weiter:
"Für Sigmar Gabriel ist dies ein Pyrrhussieg. Nun steht er aber vor einem Scherbenhaufen: die zwei Milliarden jährliche Ausnahmen für die Industrie kann er in Deutschland nicht 1 zu 1 umsetzen, ohne dass die Bürger und Verbraucherschützer ihm aufs Dach steigen. Besonders störend ist auch dass diese überzogenen Ausnahmen ohne Gegenleistung der Industrie wie entsprechende Energieeffizienzmaßnahmen kommen. Die Achse Barroso–Oettinger–Almunia führt ein neues Prinzip der EU-Politik ein: je mehr du die Umwelt zerstörst, umso mehr Geld kriegst du vom Staat. Ob dies vor dem Europäischen Gerichtshof Bestand haben wird, ist auf Grund einer negativen Stellungnahme (2) des juristischen Dienstes der Kommission mehr als fraglich."
(1) Unternehmen, die entweder zu den 65 Sektoren gehören oder eine Energieintensivität von 20% und mehr als 4% Handelsintensität aufweisen, müssen nur einen Teil der Erneuerbaren Förderung bezahlen. Dieser Anteil von ursprünglich (nur) 20% der Umlage wurde auf 15% runter gesetzt und auf 0,5% Bruttowertschöpfung (statt ursprünglich 2,5% BWS) gedeckelt. Das verursacht in Deutschland Einsparungen zugunsten der größten Energiefresser von über €400 Millionen, insgesamt werden Gewinne für die Industrie aber auf mehr als €2 Mrd geschätzt. Dies wird Haushalte bis zu €45 mehr jährlich kosten.
(2) Die Kommission hat im Juli 2013 ein negatives Gutachten gegen das Prinzip der Beihilfe für energie-intensive Branchen ausgestellt. Präzedenzfälle zeigen, dass EuGH und Kommission Beihilfe in Form von reduzierten Finanzierungsbeiträgen als Wettbewerbsverzerrung unvereinbar mit dem internen Markt eingestuft hat. Auf dieser Basis hat die Kommission auch ihr Untersuchungsverfahren im Dezember 2013 gegen Deutschland eingeführt.
Ein detailliertes Briefing über die heutigen Kommissionsvorschläge finden Sie hier (auf Englisch): /legacy/fileadmin/dam/Documents/Background_notes/state_aid_guidelines_for_the_environment_and_energy_2014-2020.pdf