Neufassung des Ersten Eisenbahnpakets
Europäischer Eisenbahnraum statt nationaler Abschottung
Heute hat das Europäische Parlament den ersten Schritt zu einer Reform des europäischen Eisenbahnraums frei gemacht, indem es seine Position zum so genannten "Recast des Ersten Eisenbahnpakets" angenommen hat. Zu den darin enthaltenen Neuerungen erklären Michael Cramer und Eva Lichtenberger, verkehrspolitische Sprecher der Grünen/EFA im Europäischen Parlament:
"Die Eisenbahn hat ein riesiges Potential, den Bürgern der EU zugleich nachhaltige, bezahlbare und sichere Mobilität zu garantieren. Doch gerade die Entwicklung dieses umweltfreundlichen Verkehrsmittels wird noch immer ausgebremst, weil nationale Platzhirsche und einige Regierungen die heimischen Märkte abschotten.
Das Europäische Parlament hat sich heute klar gegen diese Missstände zu Lasten von Qualität, Preisen und Verbindungsangeboten gestellt. Dabei wurde die effektive Anwendung der Zugangsregeln im 'Recast' in den Mittelpunkt gerückt. Denn die Erfahrung aus den EU-Mitgliedstaaten zeigt, dass eine strenge, unabhängige und kurzfristig entscheidende nationale Regulierungsbehörde die unabdingbare Vorbedingung für die EU-weite Öffnung des Schienennetzes ist. In manchen Mitgliedstaaten ließ nämlich bisher eine Entscheidung des Regulierers bis zu zwei Jahre auf sich warten oder blieb gar ganz aus.
Konkret fordert das EU-Parlament eine ausreichende finanzielle und personelle Ausstattung der Regulierungsbehörden und legt einheitlich eine Bearbeitungsfrist von vier Wochen fest. Kommt eine Regulierungsstelle ihren Pflichten nicht nach, kann die Europäische Kommission eingeschaltet werden und eine Entscheidung herbeiführen.
Konsens herrschte zudem darüber, dass die Frage der Trennung von Netz und Betrieb - das so genannte 'unbundling' - zum jetzigen Zeitpunkt in gesamteuropäischer Perspektive nicht der entscheidende Faktor für einen 'Einheitlichen Europäische Eisenbahnraum' ist. Denn es gibt in der EU Mitgliedstaaten, die formal Netz und Betrieb getrennt haben, ihre Infrastruktur aber weiterhin effektiv abschotten. Deshalb wollten die Grünen diese Grundsatzfrage auf die für nächstes Jahr von der Kommission angekündigte Gesetzesinitiative verschieben, so dass sich der Verkehrsministerrat nur auf die EU-weite Durchsetzung der nationalen Regulierungsstellen konzentriert. Leider ist es den großen Fraktionen von EVP und S&D im letzten Moment noch gelungen, mit der Frage der Finanzströme einen Teilaspekt des Unbundlings einzubringen. Die angenommene Formulierung kann jedoch in alle Richtungen interpretiert werden und könnte damit die Konzentration des Rates auf die Schaffung effektiver Regulierung in allen Mitgliedstaaten verhindern.
Neben der Sicherstellung eines Europäischen Eisenbahnraums hat das Parlament auf Initiative der Grünen auch in Sachen Umweltschutz und Sozialrechte die Weichen richtig gestellt: So sollen lärmabhängige Trassenpreise und EU-Mittel für die Nachrüstung Anreize zum Einsatz leiserer Züge geben. Zudem wird den Eisenbahnunternehmen die Wahl des Energieversorgers freigestellt, weil in der Vergangenheit private Wettbewerber über höhere Strompreise oftmals diskriminiert wurden. Damit Wettbewerbsvorteile nicht durch Sozialdumping erreicht werden, bleiben soziale Errungenschaften wie das Streikrecht ebenfalls unangetastet.
Jetzt ist der Rat gefordert, sich auf die Etablierung unabhängiger Regulierungsstellen zu konzentrieren, damit der Einheitliche Europäische Eisenbahnraum schnell realisiert werden kann!"