Angriff auf das freie Internet
Urheberrecht
Das Ergebnis der Verhandlungen über die Reform der Urheberrechtsrichtlinie ist alarmierend. Die Einigung des Europäischen Parlaments mit dem Rat und der Europäischen Kommission ist eine besorgniserregende Version von Artikel 11 zum Leistungsschutzrecht für Presseverleger und die schlechtmöglichste Variante von Artikel 13 zu Uploadfiltern. Der Kompromiss geht weit über die Einigung hinaus, der das Europäische Parlament zuvor zugestimmt hat. Nun sollen auch kleine Unternehmen Uploadfilter anwenden, das hatte das Europäische Parlament bisher ausgeschlossen. Die Verhandlungsführer haben auch das Recht der Autoren auf eine anteilige Vergütung bis zur Wirkungslosigkeit verwässert, indem sie im endgültigen Text ausdrücklich Total Buy-Out-Verträge zugelassen haben. Die Grünen/EFA-Fraktion wird für eine Mehrheit gegen Leistungsschutzrecht für Presseverleger und Uploadfilter in der finalen Plenarabstimmung vor Ablauf der Legislaturperiode kämpfen.
Julia Reda, stellvertretene Vorsitzende der Grünen/EFA-Fraktion und Schattenberichterstatterin für die Reform der Urheberrechtsrichtlinie, kommentiert:
„Dieser Deal ist eine Gefahr für kleine Verlage, Autoren und Internetnutzer gleichermaßen und birgt die Gefahr, das Internet, wie wir es kennen, ausschließlich in die Hände der Technologie- und Medienriesen zu legen. Uploadfilter funktionieren nicht, Algorithmen können den Unterschied zwischen Urheberrechtsverletzungen und legaler Weiterverwendung, wie zu Parodiezwecken, nicht erkennen. Selbst die anspruchsvollsten Uploadfilter scheren alle über einen Kamm und blockieren routinemäßig völlig legale Inhalte. Die Verpflichtung der Plattformen zur Verwendung von Uploadfiltern würde zu einer häufigeren Blockade legaler Uploads führen und kleineren Plattformen das Leben schwermachen, die sich keine Filtersoftware leisten können.
Die knappe Mehrheit für Artikel 13, die der Berichterstatter Axel Voss bereits im September 2018 zu sichern vermochte, war nur durch Ausnahmen für kleine Unternehmen möglich, die er nun Seite an Seite mit den Regierungen Deutschlands und Frankreichs still und heimlich wieder gestrichen hat. Die Einigung überschreitet die Schmerzgrenze des Europäischen Parlaments bei Weitem. Wir fordern die Abgeordneten auf, den faulen Kompromiss zum Leistungsschutzrecht für Presseverleger und zu Uploadfiltern abzulehnen.
Die heutige Einigung ist ein Rückschritt für die Meinungsfreiheit im Internet. Noch lohnt es sich, gegen Uploadfilter und Leistungsschutzrecht für Presseverleger zu kämpfen. Die klare Botschaft der Grünen/EFA ist, dass wir Urheberrechte sowie Nutzer und Kleinverlage schützen wollen."
Hintergrund:
Der Kompromiss zu Artikel 13 spiegelt die deutsch-französische Vereinbarung über zwingende Uploadfilter für alle gewinnorientierten Websites und Apps, auf denen Nutzer Inhalte austauschen können, wider. Ausgenommen sind Dienste, die sehr eng gefasste Kriterien erfüllen: sie müssen weniger als drei Jahre öffentlich zugänglich sein, einen Jahresumsatz von weniger als 10 Millionen Euro machen und weniger als fünf Millionen Besucher pro Monat aufweisen. Die jetzige Version des Leistungsschutzrechts für Presseverleger ist äußerst fragwürdig und schließt "einzelne Worte oder kleinste Textausschnitte" aus. Dieses Ergebnis wird zweifellos den Zugang zu Nachrichten einschränken und kleine Online-Zeitungen aus dem Geschäft drängen.
Die finale Abstimmung im Plenum ist noch nicht terminiert, soll aber noch vor Ende der Legislatur erfolgen.