EU-Gipfel
Verhandlungen über EU-Haushalt vorerst gescheitert - Rückwertsgewandter Kompromiss zeichnet sich ab
Der mit Spannung erwartete Sondergipfel zum Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) ist ohne Einigung zu Ende gegangen. Ein weiteres Gipfeltreffen ist erst im neuen Jahr zu erwarten. Bewegung gab es allerdings bei der Gesamthöhe und in Bezug auf die Ausgabenschwerpunkte. Die Grünen kritisieren die eingeschlagene Richtung. Die Verhandlungen laufen auf einen faulen Kompromiss zu. Es drohen dramatische Kürzungen und eine Prioritätensetzung, die die gemeinsamen europäischen Ambitionen den nationalen Einzelinteressen opfert.
Das Ergebnis kommentieren die Vorsitzenden der Fraktion die Grünen/EFA, Rebecca Harms und Dany Cohn-Bendit:
"Auch wenn man bei dem Gipfel noch zu keinem abschließenden Ergebnis gekommen ist, so zeichnet sich doch eine beunruhigende Entwicklung ab. Das unsägliche Tauziehen zwischen den Staats- und Regierungschefs hat dazu geführt, dass im zusammengekürzten MFR nun völlig falsche Ausgabenschwerpunkte gesetzt werden. Der Kompromissvorschlag, der nun auf dem Tisch liegt, ist völlig rückwärtsgewandt und wird die dringend nötigen Wachstumsimpulse nicht liefern können."
Helga Trüpel, haushaltspolitische Sprecherin der Fraktion der Grünen/EFA kommentiert:
"Der EU-Haushalt kann ein wichtiges Instrument im Kampf gegen die Krise sein. Gemeinsame Investitionen sind häufig effizienter als einzelstaatliche Alleingänge. Deshalb ist es gerade angesichts klammer Haushaltskassen sinnvoll, Investitionen gemeinsam zu leisten. Für die Krisenländer Europas sind die EU-Programme überlebenswichtig, es ist aber auch im Interesse aller Mitgliedstaaten, dass die notwendigen Schritte zur Haushaltskonsolidierung durch gezielte Investitionen in Europas Wettbewerbsfähigkeit ergänzt werden.
Um Europas Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, brauchen wir gezielte Investitionen in Bildung, Forschung und Entwicklung, grüne Technologien und den konsequenten Umbau unserer Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit. Das wissen auch die Staats- und Regierungschefs, die Investitionen in diese Felder allzu oft medienwirksam verkündet haben. Umso schwerer wiegt es, dass der jüngste Kompromissvorschlag von Van Rompuy in diesen Bereichen erneut den Rotstift ansetzt, um Gelder in die EU-Agrar- und Strukturpolitik umzuverteilen. Die gemeinsamen Zukunftsinvestitionen wurden bei diesem Gipfel den nationalen Interessen geopfert.
Auch bei den hohen Gehältern der EU-Beamten hätte gekürzt werden können, sofern es sich dabei um überkommene Privilegien handelt. Dies hätte einen kleinen, aber symbolisch wichtigen Beitrag leisten können und wäre als Zeichen der Solidarität verstanden worden.
Die Staats- und Regierungschefs sollten bei ihrem Tauziehen nicht vergessen, dass sie die Zustimmung des Europäischen Parlamentes brauchen. Das Parlament hat bereits sein Veto angekündigt, sollte sich der Rat zu weit vom Kommissionsvorschlag entfernen. Wir Grüne werden darauf drängen, dass die Parlamentarier bei ihrer harten Linie bleiben.
Der gescheiterte Gipfel hat erneut bewiesen, dass wir dringend eine Ausweitung der EU-Eigenmittel brauchen, um die EU unabhängiger vom Kuhhandel der Mitgliedstaaten zu machen. Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer würde die nationalen Beitragszahlungen halbieren, soziale Gerechtigkeit herstellen und die notwenigen Investitionen finanzieren.
Auch das vollkommen ungerechte und intransparente Rabattsystem gehört grundlegend reformiert."