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Presse­mitteilung |

Verhaltenskodex für EU-Abgeordnete

Durchbruch für Transparenz - strengere Sanktionen und Kontrolle der Finanzangaben bleiben wichtig

Nach den von der "Sunday Times" im März aufgedeckten Korruptionsskandalen im Europaparlament wurde vom Parlamentspräsidenten eine Arbeitsgruppe zur Reform des Verhaltenskodexes für Europa-Abgeordnete eingesetzt. Nach langen Verhandlungen hat die Arbeitsgruppe "Transparenz" heute ihre Empfehlungen vorgelegt. Dazu erklärt Claude Turmes, Vizepräsident der Fraktionen der Grünen/EFA und Mitglied der Arbeitsgruppe:

"In der allerletzten Sitzung haben die Vertreter der anderen Fraktionen Entgegenkommen gezeigt. Am Ende sind die Empfehlungen ein guter Kompromiss und ein wichtiger Schritt in Richtung von mehr Transparenz. Europaabgeordnete gehen oft Nebenaktivitäten nach und stehen gegenüber der Öffentlichkeit in der Pflicht, diese offenzulegen. Künftig regelt ein Verhaltenskodex klar die finanzielle Offenlegung dieser Aktivitäten sowie die Prozedur bei potentiellen Interessenkonflikten.

Als Grüne haben wir uns schließlich gegen die großen Widerstände in der Arbeitsgruppe durchgesetzt und erreicht, dass es eine umfassende finanzielle Transparenz der Nebeneinkünfte gibt und Europaabgeordnete keiner bezahlten Lobbytätigkeit für EU-Politik mehr nachgehen dürfen.

Jetzt müssen die Fraktionschefs zeigen, dass sie wirklich für Transparenz eintreten und die Empfehlungen gutheißen. Neben dem konservativen Fraktionschef muss besonders der Fraktionschef der sozialdemokratischen Fraktion im EP, Martin Schulz, Farbe bekennen. Will er wirklich der kommende EP-Präsident werden, muss er sich stärker als bisher dafür einsetzen, dass im Bereich der finanziellen Transparenz das EU-Parlament keine Dunkelkammer mehr ist, sondern ein offenes und verantwortliches Parlament wird.

Und auch der bisherige Parlamentspräsident Buzek steht in der Pflicht, sein Engagement in der Sache bei der Umsetzung fortzuführen und sicherzustellen, dass die Angaben der Abgeordneten durch einen ihm direkt zugeordneten Mitarbeiterstab strenger kontrolliert werden."

 

Hintergrund

Die Arbeitsgruppe "Transparenz"

Die Arbeitsgruppe wurde nach den von der "Sunday Times" im März 2011 aufgedeckten Korruptionsskandalen im Europaparlament vom Parlamentspräsidenten eingesetzt. Sie hat gestern, am 28. Juni 2011, ihre Arbeiten abgeschlossen.

Die Empfehlungen der Arbeitsgruppe müssen jetzt vom Präsidium des EP (4. Juli 2011) und schließlich von den Fraktionschefs des EP (7. Juli 2011) nach Beratung durch den Verfassungsausschuss angenommen werden. Sie werden anschließend im Plenum in Form einer der Änderung der Geschäftsordnung angenommen. Mitglieder der Arbeitsgruppe sind:  Stravros Lambrinidis (S&D) (ersetzt durch Libor Rouček); Diana Wallis (ALDE); Alejo Vidal Quadras (EPP); Manfred Weber (EPP); Maria Badia I Cutchet (S&D); Claude Turmes (Greens/EFA); Jan Zahradil (ECR); Cornelis de Jong (GUE/NGL); Francesco Speroni (EFD).


Die Detailregelungen des Verhaltenskodex

Europaabgeordnete müssen künftig Nebenaktivitäten wesentlich detaillierter angeben und auch finanziell offenlegen: Angelegt an die Geschäftsordnung im Bundestag müssen sie dies künftig vier Einkommenskategorien zuordnen, die ab 500 Euro monatlich in drei Schritten bis über 10 000 Euro reichen. Bei regelmäßigen Nebenaktivitäten gilt damit eine Bagatellgrenze im Bereich der finanziellen Offenlegung, die bei 500 Euro ansetzt; gelegentliche Nebeneinkünfte müssen erst angeben werden, wenn sie 5000 Euro pro Jahr übersteigen.

Ein wesentlicher Schritt wurde im Bereich der Lobbyaktivitäten der Abgeordneten erzielt: Europaabgeordnete dürfen laut den Grundprinzipien des Verhaltenskodex fortan keiner bezahlten Lobbytätigkeit im Bereich der EU-Politik mehr nachgehen. Eine "Beeinflussung von EU-Politik" gegen Bezahlung ist klar ausgeschlossen.

Festgehalten wurde darüber hinaus auch, dass künftig ein Mitarbeiterstab unter der Leitung des EP-Präsidenten kontrolliert, ob die Europaabgeordneten ihren Verpflichtungen im Bereich der finanziellen Offenlegung nachkommen. Damit soll der bisher sehr unübersichtliche und nicht immer aktuelle Wust an Angaben wesentlich übersichtlicher werden.

Auch im Bereich der Sanktionen hat die Arbeitsgruppe Reformen angestoßen: Bei Vergehen gegen den Verhaltenskodex droht neuerdings auch der Entzug des Berichterstatterstatus oder des Ausschussvorsitzes. Zudem soll das Europaparlament eine neue Richtlinie auf den Weg bringen, die nach einem Verstoß gegen die Verhaltensregeln rasch und in der EU einheitlich schwere Sanktionen, wie den Entzug des Mandats, nach sich ziehen. Bisher stößt das Europaparlament bei Strafen reglementarisch an seine Grenzen, weil strafrechtliche Konsequenzen Sache der EU-Mitgliedstaaten sind.

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Zuständige Abgeordnete

Claude Turmes
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