Abstimmung Bericht TAXE
Politische Verantwortung bleibt ungeklärt
Am späten Montagabend hat der Sonderausschuss TAXE über seinen Bericht abgestimmt. Eine große Mehrheit der Abgeordneten hat dem Bericht zugestimmt, in dem die Versäumnisse der EU-Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission angeprangert und strengere Regeln gegen Steuerdumping von Großkonzernen gefordert werden. Die Grünen/EFA-Fraktion hat den fraktionsübergreifenden Kompromiss unterstützt, dringt aber auf eine Verlängerung des Mandats des Ausschusses, das sonst Ende November mit der Abstimmung im Plenum endet. Eine Verlängerung ist notwendig, da nach wie vor die Einsicht in die wichtigsten Dokumente verweigert wird und zentralen Zeugen keine präzisen Fragen ihrer Verantwortung gestellt werden konnten. Dazu sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion, Sven Giegold:
"Der Ausschuss ist auf einem guten Weg, aber nicht am Ziel. Die Wurzel des Übels ist noch nicht gefunden. Bisher konnten wir nicht klären, wer für Steuerdumping und Steuervermeidung in den EU-Mitgliedsstaaten politisch verantwortlich war und ist. Unklar ist auch, wer die EU-Institutionen an wirksamen Gegenmaßnahmen gehindert hat. Deshalb muss die Arbeit des Ausschusses weitergehen. Die EU-Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf zu erfahren, wer es Großkonzernen ermöglicht hat, hohe Milliardenbeträge an Steuerzahlungen einzusparen.
Der vorliegende Bericht ist ein wertvoller Zwischenbericht der breiten Mehrheit des Ausschusses, in dem zahlreiche grüne Änderungsanträge stecken. Die Untersuchungen belegen klar, dass Mitgliedsstaaten EU-Recht verletzt haben: Die Regierungen sind ihrer Pflicht zum Informationsaustausch über Steuervereinbarungen mit internationalen Unternehmen jahrzehntelang nicht nachgekommen. Auch die EU-Kommission hat bei ihrer Kontrollpflicht als Hüterin der Verträge versagt.
Der Bericht fordert europäische Regeln gegen Steuerdumping, die weit über die jüngst beschlossenen OECD/G20-Pläne hinaus gehen. Eine verbindliche öffentliche länderspezifische Finanzberichterstattung (country-by-country-reporting) der Unternehmen sowie eine Offenlegung von Steuerabsprachen zwischen Regierungen und Konzernen, sogenannten Tax Rulings, sind zentrale Elemente. Die Abgeordneten sprechen sich für einen europäischen Fonds zum Schutz von Whistleblowern aus und verlangen Reformen der Regeln für staatliche Beihilfen. Aktuell fließen Rückzahlungen von Unternehmen nicht in den EU-Haushalt, sondern in die Kasse des Mitgliedstaates, der die schmutzigen Vereinbarungen mit dem Unternehmen geschlossen hat. Die EU-Kommission muss diese Forderungen schnellstmöglich aufnehmen und in Gesetzesvorschläge umsetzen.
Leider konnten wir keinen Mindestsatz für Unternehmenssteuern in der EU durchsetzen. Die Einigung auf eine gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage bleibt damit ein zahnloser Tiger. Steuerdumping wird auch weiterhin möglich sein. Auch fand sich keine Mehrheit für gemeinsame europäische Regeln zu internationalen Steuerabkommen und zum einheitlichen Umgang von ausländisch beherrschten Unternehmen. Die Vorschläge scheiterten an Konservativen, Rechtskonservativen und Liberalen.
13 EU-Mitgliedsstaaten weigern sich weiterhin, dem Sonderausschuss Einblick in zentrale Dokumente zu geben. Diese sind unbedingt notwendig, um die politische Verantwortung zu klären. Zu diesen Staaten gehören Großbritannien, Belgien, Luxemburg und die Niederlande. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker als ehemaliger Luxemburger Premierminister sowie der Chef der Eurogruppe und niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem haben eine besondere Verantwortung. Sie dürfen nicht damit belohnt werden, dass der Ausschuss seine Arbeit unverrichteter Dinge beendet."