Stabilitäts- und Wachstumspakt
Reformpaket des EU-Parlaments geht auf Kosten der Armen und zukünftiger Generationen
Der Wirtschaftsausschuss des EU-Parlaments hat heute über ein Paket von sechs Gesetzgebungsvorschlägen zur Economic Governance abgestimmt. Drei Berichte (Wortmann-Kool, Feio und Goulard) verschärfen den Stabilitäts- und Wachstumspakt, zwei Berichte schlagen Maßnahmen gegen wirtschaftliche Ungleichgewichte vor (Ferreira, Haglund) und ein weiterer legt die notwendigen statistischen Grundlagen (Ford).
Das Ergebnis der Abstimmungen kommentiert Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament:
“Die Grünen unterstützen einen ehrgeizigen europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt mit einem ausgeglichenen Ansatz zwischen Solidarität und Verantwortung. Die Sanierung der öffentlichen Haushalte ist notwendig, ebenso wie die Reform der europäischen Entscheidungsverfahren in diesem Prozess.
Wir bestehen jedoch darauf, dass aus der notwendigen Konsolidierung der öffentlichen Finanzen keine untragbaren Konsequenzen für die zukünftigen Generationen entstehen und die Lasten der Anpassungen fair verteilt werden. Deshalb haben wir dafür gekämpft, dass die Europa 2020-Ziele zu Beschäftigung, Armut, Klimaschutz, Bildung und Forschung gleichermaßen bindend wie Defizit- und Verschuldungsziele werden. Leider haben EVP (CDU/CSU), ALDE (FDP) und ECR sich diesem Ausgleich verweigert. Sie wollten soziale, ökologische und investive Ziele lediglich als weiße Salbe, nicht jedoch als verbindliche und sanktionierbare Ziele. Damit ist jedoch zu erwarten, dass der verstärkte Druck auf die öffentlichen Haushalte nicht durch vernünftige Einsparungen und gerechte Mehreinnahmen erfolgt, sondern wie derzeit in Griechenland, Irland, Portugal und Spanien auf Kosten von Zukunftsinvestitionen geht und mit dramatisch zunehmender Armut einhergeht. Diese Unausgewogenheit des Pakets widerspricht den Zielen der europäischen Verträge und wird letztlich die Unterstützung für die europäische Integration untergraben.
Nachhaltige öffentliche Haushaltspolitik braucht sowohl vernünftige und effiziente Ausgaben, als auch effektive und faire Besteuerung zur Sicherung der Einnahmen. Auf der Einnahmenseite ist eine verbesserte Zusammenarbeit der EU-Mitgliedsstaaten notwendig. Nur auf diesem Weg können Finanztransaktionen, Energie und die Gewinne transnationaler Konzerne wirkungsvoll besteuert und gleichzeitig Steuerhinterziehung und -flucht effektiv bekämpft werden. Momentan aber fehlt der politische Wille, in diesen Bereichen aktiv zu werden. Stattdessen wird die Haushaltskonsolidierung fast ausschließlich auf die staatliche Ausgabenseite abgewälzt. Diesem Credo folgte die konservativ-liberale Mehrheit im Europäischen Parlament indem sie den Vorschlag der Grünen zur Stärkung der mitgliedstaatlichen Einnahmen abschmetterte. Auch hier sind die Berichte zum Stabilitäts- und Wachstumspakt unausgewogen und wurden von uns Grünen abgelehnt.
Wirtschaftliche Ungleichgewichte: Europaparlament fordert Maßnahmen von starken und schwachen Ländern
"Bei den erstmals beschlossenen Maßnahmen gegen die großen wirtschaftlichen Ungleichgewichte hat das Parlament dagegen konsequent Position gegen nationale ökonomische Egoismen einiger Mitgliedsländer bezogen. Die deutsche Bundesregierung hatte kürzlich im Rat durchgesetzt hat, dass Anpassungen bei ökonomischen Ungleichgewichten asymmetrisch erfolgen sollen. Die gesamte Last der Anpassung soll von schwachen Ländern mit Leistungsbilanzdefiziten getragen werden. Hier stärkt das Parlament der Kommission mit zwei ausgewogenen Berichten den Rücken, die wir gerne unterstützt haben. Das fiel uns umso leichter als auch bei den Indikatoren zur Messung wirtschaftlicher Ungleichgewichte Ressourcen- und Energieeffizienz aufgenommen wurden."