EU-Parlament fordert länderbezogene Finanzberichterstattung gegen Widerstand der EU-Mitgliedsstaaten
Steuertransparenz/Großunternehmen
Am heutigen Montag haben der Rechtsausschuss und der Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments über den Vorschlag der Europäischen Kommission zur länderbezogenen Finanzberichterstattung (country-by-country reporting) abgestimmt. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, dass große, grenzüberschreitend tätige Unternehmen ihre wichtigsten Steuerdaten nach Ländern veröffentlichen sollen – aufgeschlüsselt für EU-Länder und Steueroasen, aber lediglich zusammengefasst für alle weiteren Drittstaaten. Der heute beschlossene Text verbessert den Vorschlag der Europäischen Kommission entscheidend (1). Die Grünen/EFA-Fraktion hätte sich aber strengere Regeln gewünscht als heute im Ausschuss beschlossen. Daher hat die Fraktion sich entschieden, dem direkten Verhandlungsmandat für den Trilog nicht zuzustimmen, um eine Abstimmung im Plenum herbei zu führen. Dazu sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion, Sven Giegold:
"Mit diesem Ergebnis schaffen wir mehr Gerechtigkeit für alle Steuerzahler und fairen Wettbewerb für kleine und mittelständische Unternehmen. Es ist ein großer Erfolg, dass das Europäische Parlament dem Druck aus den Mitgliedsstaaten und von zahlreichen Unternehmen standgehalten hat. Für Großkonzerne wird es damit schwieriger, Gewinne nicht da zu versteuern, wo sie erwirtschaftet werden. Ausgerechnet der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble hilft durch seine Blockade im Rat Konzernen beim Verbergen ihrer schädlichen Steuerpraktiken vor der Öffentlichkeit.
Es ist ein Armutszeugnis, dass eine schwarz-gelbe Koalition mit den Rechtskonservativen im Ausschuss Ausnahmen für Konzerne erwirkt hat, die die gesamte Berichterstattung ad absurdem führen könnten (2). Die gleiche Koalition verhinderte auch eine Absenkung der Meldeschwelle von 750 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Um wirksam gegen Steuerdumping vorzugehen, darf sich die öffentliche länderbezogene Steuertransparenz nicht auf wenige Unternehmen beschränken. Für Banken und rohstoffextrahierende Unternehmen ist die Transparenz schon längst Pflicht und wird allseits akzeptiert.”
(1) Das EU-Parlament fordert die EU-Kommission auf, die Meldeschwelle von 750 Millionen Euro zu überprüfen. Außerdem müssen Konzerne mehr Daten veröffentlichen und die Daten müssen für alle Drittländer aufgeschlüsselt werden und nicht nur für EU-Mitgliedstaaten und Steueroasen.
(2) Unternehmen, die nachweisen können, dass die Veröffentlichung bestimmter Daten aus Drittstaaten Wettbewerbsnachteile zur Folge haben würde, müssen diese Daten nicht veröffentlichen. Die Grünen/EFA-Fraktion wollte diese Ausnahmeregelung zeitlich begrenzen; konnte sich damit aber nicht durchsetzen.