Lobbytransparenz: Rat muss sich Regeln für Lobbytransparenz geben
Zitat von Sven Giegold
Vertreter von Großunternehmen haben ein massives Übergewicht beim Lobby-Einfluss auf Entscheidungen der EU-Regierungen und Minister. Zu diesem Schluss kommt der heute veröffentlichte Bericht "Captured states: when EU governments are a channel for corporate interests” von Corporate Europe Observatory. Die Nichtregierungsorganisation analysiert unter anderem die Treffen der ständigen Vertretungen von Irland, den Niederlanden und Rumänien mit Lobbyisten. Die Ständige Vertretung Deutschlands und anderer Mitgliedstaaten bieten gar keine Transparenz über ihre Lobbytreffen. Zusätzlich eröffnen spezielle Lobby-Foren Großkonzernen privilegierten Zugang zu Vertretern nationaler Regierungen.
Am vergangenen Donnerstag (31. Januar) gab sich das Europäische Parlament erstmals bindende Regeln für mehr Lobbytransparenz. Der Rat hat als einzige der drei EU-Institutionen bisher gar keine bindenden Lobbyregeln. Nächsten Mittwoch (13. Februar) findet die nächste Verhandlungsrunde der EU-Institutionen für ein stärkeres EU-Transparenzregister für Lobbyisten statt. Der Rat ist nur zu schwachen, freiwilligen Regeln bereit, die Bundesregierung verhindert stärkere Regeln.
Sven Giegold, Berichterstatter des Europäischen Parlaments für Transparenz, Rechenschaftspflicht und Integrität in den EU-Institutionen, kommentiert:
„Lobbyismus muss endlich in allen EU-Institutionen transparent werden. Die Vertreter der EU-Regierungen in Brüssel sind unerträglich weniger transparent, als Abgeordnet des Europäischen Parlaments und EU-Kommissare. Wirtschafts-Lobbyisten gehen bei den EU-Regierungsvertretern ein und aus, das Allgemeinwohl hat das Nachsehen. Großunternehmen dürfen Regierungsvertreter nicht als Lobbyisten für ihre Sonderinteressen missbrauchen. Transparenz ist nötig, um das Übergewicht der finanzstärksten Interessen einzuhegen. Der Rat darf eigene Regeln für Lobbytransparenz nicht länger verhindern. Die Bundesregierung muss zulassen, dass die Bürger wissen, wen ihre Vertreter in Brüssel treffen und Lobbytreffen der Ständigen Vertretung öffentlich auflisten. Die Lobbytransparenz der deutschen EU-Botschaft sollte dem guten Vorbild der niederländischen, irischen und rumänischen Botschaft folgen. Transparente Entscheidungen sind gut für das Gemeinwohl, gut für mehr Vertrauen in die EU-Politik und das beste Mittel gegen Populismus.“
"Captured states: when EU governments are a channel for corporate interests”