Urheberrechtsreform
Oettingers Vorschlag passt nicht ins Digitalzeitalter
Ein durchgesickerter Entwurf der neuen EU-Richtlinie zur Urheberrechtsreform zeigt grobe Mängel in den Vorschlägen der Europäischen Kommission auf.
Julia Reda, stellvertretende Vorsitzende der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament und Sprecherin der Fraktion zur digitalen Agenda und zur Urheberrechtsreform, kommentiert:
"Dieser Entwurf bestätigt unsere schlimmsten Befürchtungen: Kommissar Oettinger hat bei der Urheberrechtsreform der Verlags-, Film- und Musikindustrie das Ruder überlassen. Anstatt den 15 Jahre alten EU-Rahmen zum Urheberrecht endlich auf den Stand der Zeit zu bringen, hindern Oettingers Pläne die traditionellen Industriezweige nun effektiv daran, endlich die Chancen der Digitalisierung zu ergreifen. Dies wird ihnen langfristig nicht nur auf die Füße fallen, es hat auch dramatische Folgen für die Meinungsfreiheit im Internet, die Innovationsfähigkeit europäischer Startups und nicht zuletzt für das Ideal eines Europas ohne digitale Grenzen.
Das europaweite Leistungsschutzrecht für Presseverlage wird in seiner aktuellen Entwurfsform selbst das Teilen eines zwanzig Jahre alten Zeitungsartikels verbieten und damit das Recht der Europäerinnen und Europäer auf freie Meinungsäußerung und freien Zugang zu Informationen einschränken. Sein Plan, Internetplattformen zu verpflichten, die hochgeladenen Inhalte aller Nutzerinnen und Nutzer nach Urheberrechtsverletzungen zu durchsuchen, ist der Todesstoß für jegliche europäische Konkurrenz zu YouTube und Facebook.
Kommissar Oettinger scheint niemandem außer den Rechteinhaberinnen und Rechteinhaber zugehört zu haben. Trotz starkem öffentlichen Interesse gibt es keine Vorschläge zur Panoramafreiheit – dem Recht, Bilder von öffentlichen Gebäuden zu nutzen, wenn diese Bauten noch urheberrechtlich geschützt sind – und keine Änderungen zur diskriminierenden Praxis des Geoblockings, trotz der Aufforderung vom Vizepräsident der Kommission Andrus Ansip, es abzuschaffen.
Dies ist kein Urheberrecht, das zum digitalen Zeitalter passt. Es ist ein Urheberrecht, das europäische Internetnutzerinnen und -nutzer ausbremst und europäischen Startups Steine in den Weg legt. Wenn dies das beste ist, was unser Digitalkommissar nach jahrelangen Vorbereitungen und Debatten vorlegen kann, ist er nicht die richtige Person für seinen Posten."
Eine längere Analyse des durchgesickerten Vorschlages können Sie auf Julia Redas Blog finden: https://juliareda.eu/2016/08/urheberrechtsreform-neuauflage-von-acta/
Geleakter vorläufiger Vorschlag für die Richtlinie zur Urheberrechtsreform: http://ipkitten.blogspot.be/2016/08/super-kat-exclusive-heres-draft.html