Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik
Wir dürfen die Chance für eine nachhaltigere, gerechtere und klimafreundlichere Agrarpolitik nicht verpassen
"Die heute vorgestellten Reformvorschläge der EU-Kommission bleiben weit hinter unseren Erwartungen zurück. Hier wurde die große Chance, die europäische Landwirtschaft wirklich nachhaltiger, klimafreundlicher und gerechter zu machen, nicht genügend genutzt. Die viel ehrgeizigeren Pläne, die die Kommission vor knapp einem Jahr vorgestellt hatte, wurden unter dem enormen Druck der 'Koalition der Unwilligen' - der Mitgliedstaaten, allen voran Deutschland, und der Agrarlobby - verwässert.
Von dem versprochenen "Greening" der Agrarpolitik ist nicht viel zu sehen. Zwar werden die Direktzahlungen an die Bauern nun noch stärker an ökologische Kriterien gebunden, was wir begrüßen. Aber die wichtigste Maßnahme, um eine grünere Landwirtschaft zu erreichen, wurde völlig beschnitten: die Fruchtfolge. Ein bäuerlicher Betrieb muss lediglich auf 30% der Anbaufläche die Fruchtfolge anwenden, auf den restlichen 70% kann er weiterhin Monokulturen wie etwa Mais anbauen. Mit dieser Regelung kann die Fruchtfolge ihre positiven Wirkungen auf die Bodenqualität, die Artenvielfalt, den Klimaschutz und die Reinhaltung der Gewässer nicht entfalten.
Bisher werden die meisten Subventionen von denen eingestrichen, die sie nicht brauchen, also von Großbetrieben und der Agrarindustrie. Das wird sich auch nach der Reform nicht entscheidend ändern. Die Einführung eines Beihilfenplafonds ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung. Aber der Schwellenwert von 150.000 Euro, ab dem die Kappung der Zahlungen beginnt, ist zu hoch. Um wirklich die kleineren Betrieb zu begünstigen, müsste ein Wert von 80.000 Euro angesetzt werden. Ein Trostpflaster ist, dass nun bei den Subventionen auch die Zahl der Arbeitsplätze, die ein Betrieb schafft, und seine Leistungen für den Umweltschutz berücksichtigt werden.
Auch eine anderes Ziel der Agrarreform ist den Besitzstandswahrern unter den Mitgliedstaaten, allen voran Deutschland und Frankreich, zum Opfer gefallen: die Umverteilung der Subventionen zwischen alten und neuen Mitgliedstaaten hat kaum stattgefunden.
Bei der ländlichen Entwicklung, der so genannten zweite Säule der GAP, lässt das neue System den Mitgliedstaaten zu viel Gestaltungsspielraum. In Zukunft sollen sie unter sechs Prioritäten für ihre nationalen Entwicklungspläne wählen können, wobei vor allem die neue Kategorie 'Innovation und Wissenstransfers' wegen mangelnder Definition der Begriffe sehr dehnbar ausgelegt werden kann.
Die Vorschläge der Kommission verpassen eindeutig die Gelegenheit für eine grundlegende Reform, aber wir sind damit ja noch nicht fertig. Das Europäische Parlament hat die Mitentscheidung bei diesen Vorschlägen und die Grünen werden mit jenen innerhalb und außerhalb der europäischen und nationalen Institutionen zusammenarbeiten, die sich für eine umweltgerechtere und nachhaltigere Landwirtschaft und eine gerechte Verteilung der öffentlichen Gelder einsetzen."
Anmerkungen:
(1) Die vier legislative Vorschläge betreffen Direktzahlungen, ländliche Entwicklung, Marktmaßnahmen und "horizontale Maßnahmen".