Frauenquote
Europaparlament für 40% Frauenquote bis 2020 in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen
In einer gemeinsamen Abstimmung hat sich die große Mehrheit der Abgeordneten des Rechtsausschusses (JURI) und des Frauen- und Gleichstellungsausschusses (FEMM) im Europaparlament für die Einführung einer Quotenregelung für die Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen ausgesprochen.
Demnach müssen die Unternehmen ihre Einstellungs-, Auswahl- und Wahlverfahren für die Besetzung ihrer Aufsichtsratsposten anpassen. In einem transparenten Verfahren muss aus einem ausgewogen männlich und weiblich besetzten Kandidatenpool nach vorher festgelegten, eindeutigen und neutral formulierten Kriterien der beste Kandidat oder die beste Kandidatin ausgewählt werden. Liegen dabei ein männlicher und ein weiblicher Kandidat gleichauf, ist der Kandidatin der Vorzug zu geben. Dadurch soll bis 2020 der Frauenanteil in den Vorständen auf 40 % gesteigert werden. Unternehmen bleiben weiterhin in ihren Personalentscheidungen insofern frei, als dass die individuelle Auswahl aus einem beliebig großen Bewerberpool unberührt bleibt. So werden keine bestimmten Bewerber vom Verfahren ausgeschlossen oder konkrete Bewerber als idealer Kandidat dem Unternehmen aufgezwungen. Unternehmen werden lediglich dazu angehalten, das Auswahlverfahren ihrer Aufsichtsratsposten transparenter und von Anfang an geschlechtergerechter zu gestalten. Sanktionen werden auch nur bei Verstößen im Auswahlverfahren fällig und nicht bei Nichterreichen des 40 %-Ziels. Ein Sanktionskatalog, zu dem unter anderem Strafzahlungen oder der Ausschluss von öffentlichen Vergabeverfahren gehören, wurde den Mitgliedsstaaten an die Hand gegeben, bei denen dann die finale Entscheidung über die Sanktionen liegt. Auf Mitgliedsstaaten, die bereits eine nationale Quotenregelung anwenden, allerdings bis Ende 2016 keinen 30 %-igen Frauenanteil erreichen, findet die Richtlinie dann ab 2017 Anwendung.
Zur Abstimmung erklärt Franziska Brantner, Mitglied der Grünen im Gleichstellungsausschuss:
"Ich freue mich über das gute Abstimmungsergebnis und die klare Forderung des Europaparlaments nach mehr Geschlechtergerechtigkeit in den Entscheidungsgremien unserer Unternehmen. Wir können nicht länger akzeptieren, dass nach 12 Jahren freiwilliger Selbstverpflichtung noch immer männerdominierte Aufsichtsräte das Sagen haben. In den DAX-Aufsichtsräten liegt der Frauenanteil immer noch bei schmalen 17%. Wir haben heute den Vorschlag von Kommissarin Viviane Reding gestärkt und gehen nun mit einer starken Position in die Plenarabstimmung und die Verhandlungen mit dem Rat. Wir konnten mit grünen Änderungsvorschlägen vor allem erreichen, dass ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis der KandidatInnen bereits in den ersten Etappen des Verfahrens vorliegen muss und somit überwiegend männlich besetzte Bewerberpools vermieden werden. Außerdem haben wir mehr Transparenz erreichen können. Unternehmen müssen auf ihren Internetseiten und in ihren Jahresberichten ihre Strategien für mehr Geschlechtergleichheit darlegen und sich erklären, wenn sie bei der Erreichung der Zielvorgabe scheitern."
Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen, ergänzt:
"Geschlechtergerechtigkeit stärkt die Unternehmen! Mehr Diversität in Führungsgremien schafft nicht nur mehr Akzeptanz bei den MitarbeiterInnen und der Kundschaft, sondern erhöht auch die Effektivität. Mit breiter Unterstützung haben wir heute ein gutes Ergebnis erzielt, das angesichts der kontroversen Diskussionen der letzten Monate realistisch und akzeptabel ist und an der 40 %-Zielvorgabe festhält. Wir Grünen konnten uns leider nicht mit der Forderung der Ausweitung der Richtlinie auf Vorstandsposten durchsetzen. Dennoch sind wir mit dem heutigen Ergebnis zufrieden und gehen nun gestärkt in die Verhandlungen mit dem Rat."