Studie zu belgischen Atomkraftwerken
Risiken bleiben bestehen - Reaktoren müssen vom Netz
Die Grünen/EFA-Fraktion im Europaparlament stellt heute die dritte Studie der Materialwissenschaftlerin Ilse Tweer zu den belgischen Atomreaktoren Doel3 und Tihange2 vor. Die Wissenschaftlerin legt neue Erkenntnisse vor zu den Fehlstellen, die in den Reaktordruckbehältern der Reaktoren entdeckt wurden (1). In ihrer Analyse kommt Ilse Tweer zu dem Ergebnis, dass ein weiterer Betrieb der Reaktoren unverantwortlich ist, da der Ursprung der Fehler im Material noch immer nicht geklärt ist (1).
Rebecca Harms, Vorsitzende der Grünen/EFA Fraktion erklärt dazu:
"Der Betrieb der beiden Reaktoren, in denen Tausende von Rissen entdeckt wurden, ist unverantwortlich. Die Studie kommt zu dem klaren Ergebnis, dass noch immer kein Nachweis dafür erbracht werden kann, wie und wann die Risse im Reaktordruckbehälter entstanden sind, ob sie sich während des Betriebs des Reaktors verändert haben oder in Zukunft verändern werden. Für die Behauptung, dass es sich um Wasserstoffeinschlüsse handele, die bei der Herstellung des Stahls entstanden seien und sich seitdem nicht verändert hätten, gibt es noch immer keinerlei Beweis. Die einzige Möglichkeit dies zu prüfen würde die Zerstörung des Druckbehälters erfordern.
Der Stahl ist laut Studie von derart schlechter Qualität, dass die Reaktordruckbehälter schon bei Inbetriebnahme der Reaktoren nicht genehmigungsfähig gewesen wären. Ihnen auch noch dreißig Jahre später ein Sicherheitssiegel zu verpassen, ist unverantwortlich.
Die Studie deckt einen erschreckend flexiblen Umgang der Aufsichtsbehörde mit Testergebnissen auf. Unbequeme Ergebnisse werden als abnorme Sonderfälle deklariert. Gleichzeitig werden nicht repräsentative Ergebnisse zum Nachweis der Sicherheit kritiklos akzeptiert. Das ist kein angemessener Umgang mit der Hochrisikotechnologie Atomkraft. Wer auf ungeklärte Probleme mit einer geschönten Sicherheitsbewertung reagiert, bringt Tausende von Menschen in Gefahr.
Da die Sicherheit der Druckbehälter nicht gewährleistet werden kann, dürfen die Reaktoren nicht weiter betrieben werden. Ein Bersten eines Druckbehälters hätte in der dicht besiedelten Region um die Reaktoren katastrophale Folgen."
1) Im Sommer 2012 wurden in den Reaktordruckbehältern der Reaktoren Doel3 und Tihange2 tausende Fehlstellen entdeckt. Im Sommer 2013 gingen die Meiler nach einer positiven Bewertung durch die belgische Atomaufsichtsbehörde (FANC) wieder ans Netz, mussten jedoch im März 2014 erneut abgeschaltet werden, nachdem Testergebnisse von den Erwartungen abwichen. Am 17. November 2015 gab die FANC wieder grünes Licht zum Anfahren der beiden Reaktoren. Die neue Studie analysiert die Informationen, auf denen diese Entscheidung basiert.
2) Die Studie von Ilse Tweer finden Sie hier: www.greens-efa.eu/fileadmin/dam/Documents/Studies/Report_Flawed_Reactor_Pressure_Vessels_Doel-3_and_Tihange-2.pdf