Fluglärm
Eingriff in Nachtflugverbote abgewehrt - Hintertüren für die Kommission bleiben offen
In der heutigen Sitzung hat das Europäische Parlament den mit den EU-Verkehrsministern ausgehandelten Kompromiss zum Lärmschutz an Flughäfen bestätigt. Damit ist der Versuch der EU-Kommission, sich ein direktes Veto-Recht gegen vor Ort beschlossene Lärmschutzmaßnahmen zu sichern, gescheitert. Jedoch werden auch keinerlei Verbesserungen für die Anwohner erreicht und weitere Versuche der Aushebelung des Lärmschutzes drohen. Dazu erklären Eva Lichtenberger und Michael Cramer, verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament:
"Heute wurde ein direkter Eingriff der Kommission abgewehrt: Die Anwohner an Flughäfen müssen nicht fürchten, dass die EU-Kommission in Zukunft vor Ort mühsam ausgehandelte Maßnahmen nach Belieben aushebeln kann. Lediglich eine Informationspflicht wurde vereinbart.
Doch zum Aufatmen ist es zu früh, denn nach wie vor schreibt der angenommene Kompromiss einen 'ausgewogenen Ansatz'[1] beim Lärmschutz vor. Darin wird eine Abstufung der erlaubten Maßnahmen nach deren Wirtschaftlichkeit verlangt. Flugbeschränkungen dürfen dabei immer nur das letzte Mittel sein. Wegen dieser einseitigen Bevorzugung wirtschaftlicher Interessen gegenüber dem Schutz der Gesundheit haben die Grünen heute gegen das Verhandlungsergebnis gestimmt. Schließlich könnten vergleichbare Regelungen auch z.B .bei Lebensmitteln oder Emissionen eingesetzt werden. Wir befürchten einen Präzedenzfall!
Die neue Regelung geht besonders auf massives Lobbying der Fluggesellschaften zurück. Auch die US-Regierung hat dabei versucht, den Lärmschutz in Europa zu untergraben, denn amerikanische Airlines wären von strengeren Lärmschutzvorgaben besonders betroffen.
Das zeigt einmal mehr, dass die laufenden Verhandlungen zum EU-US-Freihandelsabkommen ('TTIP') höchst wachsam verfolgt werden müssen. Denn es droht ein erneuter Versuch zur Aushebelung des Lärmschutzes."
[1] Der so genannte 'balanced approach' der Internationalen Organisation für Zivilluftfahrt (ICAO) erlaubt Betriebsbeschränkungen erst nach Ausschöpfung der für die Airlines günstigeren Maßnahmen wie Änderungen an den Triebwerken, bei der Raumplanung der Flughäfen oder den An- und Abflugverfahren. Siehe dazu die Webseite der ICAO