Entwicklung im Bereich der Demokratie in der Demokratischen Republik Kongo
Grüne/EFA Entschließungsantrag
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf die im Namen der Europäischen Union abgegebene Erklärung der Hohen Vertreterin Catherine Ashton vom 9. Dezember 2011 über den Wahlprozess in der Demokratischen Republik Kongo (A 507/1/11 REV 1),
– unter Hinweis auf den am 29. März 2009 vorgelegten Abschlussbericht der Wahlbeobachtungsmission der Europäischen Union (EU EOM) in der DR Kongo,
– unter Hinweis auf die Empfehlungen der Unabhängigen Nationalen Wahlkommission (INEC/CENI) vom April 2012,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Demokratischen Republik Kongo,
– gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die Menschenrechtslage und der Demokratisierungsprozess in der Demokratischen Republik Kongo noch immer Anlass zu Besorgnis geben, weil die politisch motivierten Menschenrechtsverletzungen im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen zugenommen haben;
B. in der Erwägung, dass die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen von Chaos und Übergriffen der staatlichen Sicherheitskräfte auf Oppositionskandidaten, Journalisten und Bürger gekennzeichnet waren; und ferner in der Erwägung, dass Wahlbeobachter das Ergebnis der Wahlen für unglaubwürdig halten;
C. in der Erwägung, dass die Verfassung der DR Kongo geändert wurde, um das Verfahren der Präsidentschaftswahl von zwei Wahlgängen auf einen einzigen Wahlgang zu beschränken, wodurch der scheidende Präsident Joseph Kabila begünstigt wurde;
D. in der Erwägung, dass der Ausbruch bewaffneter Konflikte dazu geführt hat, dass Morde, Vertreibungen und sexuelle Gewalt gegen Frauen durch bewaffnete Rebellengruppen sowie Regierungstruppen und Polizeikräfte weit verbreitet sind und ein erschreckendes Ausmaß angenommen haben;
E. in der Erwägung, dass Menschenrechtsaktivisten und Journalisten in der DR Kongo Einschüchterungsversuchen, Entführungen und Attentaten ausgesetzt sind, wodurch es ihnen erschwert wird, ihrer Arbeit in unabhängiger Art und Weise nachzugehen;
F. in der Erwägung, dass es die zivilen und militärischen Strafverfolgungsbehörden versäumt haben, unparteiische Ermittlungen gegen die für die Menschenrechtsverletzungen Verantwortlichen einzuleiten und dies dazu geführt hat, dass der Boden für Straffreiheit und neue Straftaten bereitet wurde;
G. in der Erwägung, dass die Berufungsverhandlung im Mordfall von Floribert Chebeya wichtig ist, um die Verantwortlichen für seinen Tod vor Gericht zu stellen;
H. in der Erwägung, dass es sich bei den Gräueltaten gegen Frauen um Vergewaltigungen, von Gruppen verübte Vergewaltigungen, sexuelle Sklaverei und Morde handelt, die weit reichende Folgen haben, u. a. indem Frauen physisch und psychisch zugrunde gerichtet werden;
I. in der Erwägung, dass die illegale Ausbeutung der Bodenschätze des Landes, von denen einige in andere Länder und auch in Mitgliedsstaaten der EU gelangen, eine der Ursachen ist, durch die der Konflikt in der DR Kongo genährt und verschärft wird;
1. ist der Auffassung, dass der Aufbau einer demokratischen Gesellschaft vor allem einen starken politischen Willen und ehrgeizige Ziele der politischen Entscheidungsträger, der Regierung und der Opposition erfordert, die bestrebt sein müssen, politische Organe zu schaffen, mit denen die Menschenrechte sowie die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Rechte der Bevölkerung gewährleistet werden;
2. ist der Ansicht, dass die politischen Entscheidungsträger, Organisationen der Zivilgesellschaft, Religionsführer und Frauenverbände in der DR Kongo einen nationalen Konsens über angemessene und geeignete Organe sowie über gemeinsam festgelegte und vereinbarte Verfahren erreichen sollten, mit denen die demokratische Praxis umgesetzt werden kann;
3. ist der Ansicht, dass ein unabhängiges Justiz- und Mediensystem von wesentlicher Bedeutung für die Gestaltung und Steuerung des demokratischen Prozesses ist, durch den die Rechtsstaatlichkeit gefestigt, demokratische Organe einschließlich eines funktionierenden Parlaments ausgebaut, der politische Pluralismus verwirklicht und die Rolle der Zivilgesellschaft gestärkt werden sollen;
4. vertritt die Auffassung, dass Wahlen notwendig, aber nicht hinreichend sind, um die Voraussetzungen für einen Demokratisierungsprozess zu schaffen, der weitreichender als die Durchführung von Wahlen ist; ist der Ansicht, dass es für eine erfolgreiche Demokratisierung von entscheidender Bedeutung ist, das Augenmerk auf die soziale und wirtschaftliche Entwicklung eines Landes zu richten, um den grundlegenden Rechten der Bevölkerung wie etwa Bildung, Gesundheit und Beschäftigung, Rechnung zu tragen;
5. fordert die kongolesischen Behörden auf, unparteiische und umfassende Ermittlungen einzuleiten und die für die Menschenrechtsverletzungen Verantwortlichen im Einklang mit kongolesischem und internationalem Recht vor Gericht zu stellen;
6. fordert die kongolesische Regierung auf, das Justizsystem, die Armee und die Haftanstalten zu rehabilitieren und zu reformieren; fordert zudem, dass angemessene Schulungsmaßnahmen durchgeführt und zu diesem Zweck die erforderlichen personellen und finanziellen Mittel bereitgestellt werden, damit gegen Straflosigkeit vorgegangen werden kann;
7. fordert das Parlament der DR Kongo auf, wie in der Verfassung festgeschrieben, die Nationale Menschenrechtskommission einzusetzen, die einen ersten Schritt zur Verabschiedung eines Gesetzes zum Schutz von Opfern und Zeugen von Menschenrechtsverletzungen sowie von Menschenrechtsaktivisten, Entwicklungshelfern und Journalisten darstellen würde;
8. fordert die Länder der Region der Großen Seen auf, auch weiterhin hohe Einsatzbereitschaft zu zeigen, um den Frieden und die Stabilität in der Region mithilfe der bestehenden regionalen Mechanismen gemeinsam zu fördern, ihre Bemühungen um die wirtschaftliche Entwicklung in der Region zu verstärken und dabei insbesondere der Aussöhnung, der Wahrung der Menschenrechte, dem Kampf gegen Straflosigkeit, einer verbesserten Rechenschaftspflicht der Justiz, der Rückkehr von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen und ihrer Integration Rechnung zu tragen;
9. begrüßt die Bemühungen der kongolesischen Behörden, Rechtvorschriften durchzusetzen, mit denen der Handel und die Verarbeitung von Mineralien in Regionen verboten wird, in denen diese illegal abgebaut werden, so etwa in von bewaffneten Gruppen kontrollierten Gebieten; fordert die kongolesischen Behörden auf, ihre Rechtsvorschriften besser durchzusetzen, damit der illegalen Ausbeutung mineralischer Rohstoffe ein Ende bereitet wird, und fordert die DR Kongo auf, weiterhin danach zu streben, der Initiative für Transparenz in der Rohstoffwirtschaft Rechnung zu tragen;
10. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, den Organen der Afrikanischen Union, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und der Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen für sexuelle Gewalt in bewaffneten Konflikten zu übermitteln.