Gipfeltreffen EU-Russland in Nischni Nowgorod am 9. und 10. Juni 2011
Grüne/EFA Entschließungsantrag
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Russland und insbesondere die Entschließung vom 17. Juni 2010 zu den Schlussfolgerungen des Gipfeltreffens EU-Russland in Rostow am Don und die Entschließung vom 17. Februar 2011 zur Rechtsstaatlichkeit in Russland,
– unter Hinweis auf das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Russischen Föderation, das 1997 in Kraft getreten ist und solange verlängert wird, bis es durch ein neues Abkommen ersetzt wird,
– unter Hinweis auf die seit 2008 laufenden Verhandlungen über ein neues Abkommen, mit dem ein neuer umfassender Rahmen für die Beziehungen zwischen der EU und Russland geschaffen werden soll, sowie auf die 2010 eingeleitete „Partnerschaft für Modernisierung“,
– unter Hinweis auf die Menschenrechtskonsultationen zwischen der EU und Russland und insbesondere die letzte Sitzung in diesem Rahmen, die am 4. Mai 2011 stattgefunden hat,
– unter Hinweis auf die Erklärung der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, vom 24. Mai 2011 zum Fall Michail Chodorkowski/Platon Lebedew,
– unter Hinweis auf die Erklärung des Sprechers der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 28. April 2011 zum Besuch von Außenminister Lawrow in Abchasien und Südossetien,
– unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der Hohen Vertreterin der Union, Catherine Ashton, und des russischen Außenministers, Sergei Lawrow, zur Lage in Nordafrika und im Nahen Osten,
– unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der Ko-Vorsitzenden des Parlamentarischen Kooperationsausschusses EU-Russland vom 18. Mai 2011 in Sotschi,
– gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass in den Beziehungen zwischen der EU und Russland trotz der zunehmenden wirtschaftlichen und handelspolitischen Verflechtung der beiden Länder aufgrund von Missverständnissen und Misstrauen in entscheidenden politischen und wirtschaftlichen Fragen, die den Aufbau einer wirklichen strategischen Partnerschaft der beiden Parteien verhindert haben, kaum Fortschritte zu verzeichnen sind,
B. in der Erwägung, dass die Entwicklung einer strategischen Partnerschaft zwischen der EU und Russland nur auf der Grundlage gemeinsamer Werte möglich ist; und in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden Partnern auf internationaler Ebene in allen Institutionen, Organisationen und Foren unbedingt intensiviert werden muss, um die globale Ordnungspolitik zu verbessern und die gemeinsamen Herausforderungen zu bewältigen,
C. in der Erwägung, dass die EU und Russland am 1. Juni 2010 am Ende ihres Gipfeltreffens eine gemeinsame Erklärung über die Prioritäten der neuen Partnerschaft für Modernisierung angenommen haben, mit deren Hilfe die Volkswirtschaften und Gesellschaften beider Parteien modernisiert werden sollen, sowie in der Erwägung, dass ein sehr großer Teil dieser Prioritäten wirtschaftlicher, handelspolitischer und regulatorischer Natur ist; in der Erwägung, dass die Partnerschaft für Modernisierung zwischen der EU und Russland ein Jahr nach ihrer Begründung einer Bewertung unterzogen werden sollte, um ihre Wirksamkeit besonders im Hinblick auf das Arbeitsprogramm weiter zu verbessern, das konkrete Vorschläge und Vorhaben für Zusammenarbeit und Unterstützung auf den Gebieten Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit enthält,
D. in der Erwägung, dass sich die EU und die Russische Föderation auf ihrem Gipfeltreffen in St. Petersburg im Mai 2003 zum Ziel gesetzt haben, einen gemeinsamen Wirtschaftsraum, einen gemeinsamen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, einen gemeinsamen Raum der Zusammenarbeit im Bereich der externen Sicherheit und einen gemeinsamen Raum für Forschung und Bildung, einschließlich kultureller Aspekte, aufzubauen; und in der Erwägung, dass zahlreiche Probleme immer noch zu unvorhersehbaren Verzögerungen beim Zeitplan zur Verwirklichung dieser vier gemeinsamen Räume führen,
E. in der Erwägung, dass die Energie in den Beziehungen zwischen der EU und Russland nach wie vor eine zentrale strategische Rolle spielt, sowie in der Erwägung, dass durch die Entscheidung Russlands, seine Unterschrift unter dem Vertrag über die Energiecharta zurückzuziehen, diese Beziehungen weiter erschwert, die Verhandlungen über das neue Partnerschafts- und Kooperationsabkommen verzögert und der Dialog über Energiefragen sowie potenzielle künftige Entwicklungen negativ beeinflusst werden, in der Erwägung, dass der Wettbewerb zwischen der EU und Russland in Energiefragen in Regionen, die für beide Seiten von Interesse sind, wie der Südkaukasus und Zentralasien, weiter zunimmt,
F. in der Erwägung, dass Energie ein Schlüsselinstrument der russischen Außenpolitik ist, sowie in der Erwägung, dass die starke Abhängigkeit der EU von fossilen Brennstoffen die Entwicklung einer ausgewogenen, kohärenten und wertebestimmten europäischen Politik gegenüber Russland erschwert, in der Erwägung, dass es von größter Bedeutung ist, dass die EU mit einer Stimme spricht und eine starke innere Solidarität beweist,
G. in der Erwägung, dass trotz einer positiveren Haltung der russischen Behörden die freie Meinungsäußerung sowie die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit in Russland immer noch bedroht sind und die Initiativen und Aktivitäten von Menschenrechtsverfechtern, unabhängigen Organisationen der Zivilgesellschaft, Oppositionellen, unabhängigen Medien und gewöhnlichen Bürgern häufig Einschränkungen unterworfen sind bzw. behindert werden, was besonders im nördlichen Kaukasus und in anderen Teilen der Russischen Föderation Anlass zur Sorge gibt,
H. in der Erwägung, dass in den vergangenen Jahren mehrere Gerichtsverfahren, besonders im Fall Michail Chodorkowski/Sergei Magnizki, die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justizbehörden der Russischen Föderation in Frage gestellt haben, sowie in der Erwägung, dass politische Einmischung, Verfahrensmängel, Korruption, Verschlossenheit, mangelnde Fairness sowie die Bedrohung von Zeugen die Ausübung der Justiz in Russland nach wie vor schwer behindern, und dass Untersuchungen von Menschenrechtsverstößen häufig ineffizient sind, Mängel aufweisen und mit Straflosigkeit enden,
I. in der Erwägung, dass es in seiner Entschließung vom 21. Oktober 2010 zu den Menschenrechten in der Welt 2009 und der Politik der Europäischen Union in diesem Bereich den Rat aufgefordert hat, ein Einreiseverbot in die EU für die russischen Amtsträger, die am Tode Sergei Magnitzis beteiligt waren, sowie ein Einfrieren ihrer Bankguthaben in Erwägung zu ziehen,
J. in der Erwägung, dass die Russische Föderation sich als Mitglied der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und des Europarates verpflichtet hat, die demokratischen Grundsätze und die Menschenrechte, insbesondere im Hinblick auf die Meinungs- und die Versammlungsfreiheit, zu achten,
K. in der Erwägung, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Russische Föderation in vielen Rechtssachen und Urteilen wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen verurteilt hat, und in der Erwägung, dass die Umsetzung der Urteile erheblich zu wünschen übrig lässt; in der Erwägung, dass die Verantwortung für das Versäumnis, die Urteile umzusetzen, zum Großteil bei den Justizorganen und -behörden liegt,
L. in der Erwägung, dass die bevorstehenden Wahlen in Russland (Wahlen zur Staatsduma im Dezember 2011 und Präsidentschaftswahlen im Jahr 2012) der Internationalen Gemeinschaft als Maßstab dafür dienen werden, inwieweit das russische Wahlrecht im Einklang mit den internationalen und europäischen Normen und Standards steht und ob im Bereich der demokratischen Entwicklungen Fortschritte erzielt wurden bzw. wie der aktuelle Stand der Rechtsstaatlichkeit in Russland ist,
M. in der Erwägung, dass das Forum der EU und Russlands zur Zivilgesellschaft, das im März 2010 gegründet wurde, einen Kontext für die Eingliederung eines offiziell anerkannten Forums in die Beziehungen zwischen der EU und Russland bietet, in dessen Rahmen Organisationen der Zivilgesellschaft aus den Mitgliedstaaten der EU und der Russischen Förderation zusammenkommen und an gemeinsamen Projekten in den Bereichen Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Umwelt, soziale Belange etc. arbeiten,
N. in der Erwägung, dass gutnachbarschaftliche Beziehungen, Frieden und Stabilität in den gemeinsamen Nachbarstaaten im Interesse sowohl Russlands als auch der EU sind, und in der Erwägung, dass ein offener und ehrlicher Dialog über die Krisen in diesen Ländern geführt werden sollte, insbesondere im Zusammenhang mit den schwelenden Konflikten und im Hinblick auf die Förderung von Sicherheit und Stabilität sowie der territorialen Unversehrtheit der betroffenen Länder,
O. in der Erwägung, dass Sicherheit in Europa weiterhin ein hochsensibles und kontrovers diskutiertes Thema ist, und dass die EU und Russland keinerlei Bemühungen dahingehend scheuen sollten, bestehende Differenzen und unterschiedliche Ansichten zu überwinden sowie den Dialog und die Kooperation in diesem Bereich zu vertiefen,
1. rechnet damit, dass das bevorstehende Gipfeltreffen in Nischni Nowgorod einen neuen Impuls zur grundlegenden Verbesserung der Beziehungen zwischen der EU und Russland geben kann, der den Weg für ein neues Partnerschafts- und Kooperationsabkommen ebnet, das den Zielsetzungen beider Seiten im Hinblick auf die Schaffung einer echten strategischen Partnerschaft gerecht wird; betont, dass ein derartiges Abkommen rechtsverbindlichen Charakter haben und alle Aspekte dieser Beziehung umfassen sollte; betont in diesem Zusammenhang erneut, dass Demokratie und Menschenrechte Kernstücke des neuen Abkommens sein müssen, insbesondere in Bezug auf die Formulierung und Aufnahme einer wirksamen und praktikablen Menschenrechtsklausel;
2. weist darauf hin, dass die gemeinsamen Herausforderungen, denen sich die EU und Russland stellen müssen, wie z. B. der wirtschaftliche und finanzielle Abschwung, Fragestellungen in Bezug auf Energie und Energiesicherheit, die Aufstände in der arabischen Welt und die schwelenden Konflikte in den gemeinsamen Anrainerstaaten, gemeinsame Reaktionen und eine bessere Kooperation in Bezug auf die Bewältigung von Krisen erfordern;
3. sieht der Initiative der Veröffentlichung eines gemeinsamen Berichts über die Fortschritte der Partnerschaft für Modernisierung erwartungsvoll entgegen, in deren Rahmen spezifische Projekte ermittelt werden sollen, durch die die Kernthemen der Partnerschaft erfolgreich umgesetzt werden; vertritt jedoch die Ansicht, dass das Konzept der Modernisierung nicht auf wirtschaftliche Zusammenarbeit und technologische Innovationen beschränkt sein kann, sondern mit einem ehrgeizigen Prozess innenpolitischer Reformen einhergehen muss, der auch die Konsolidierung von demokratischen Institutionen und eines verlässlichen Rechtssystems, die Achtung der Rechtsstaatlichkeit und die ungehinderte Entwicklung einer wirklichen Zivilgesellschaft beinhaltet; fordert die Kommission und die russische Regierung in diesem Zusammenhang auf, festzustellen, welche Schritte unternommen werden müssen, damit diese Ziele erreicht werden;
4. betont, dass die Beziehungen zu Russland derzeit lediglich pragmatischer Art sein können, wobei das Hauptaugenmerk nach wie vor darauf liegen sollte, dass zu gegebener Zeit ein neues Abkommen zwischen der EU und Russland geschlossen wird, und dass der Schwerpunkt derzeit auf eine klar umrissene praktische Zusammenarbeit, gemeinsame Projekte und die Umsetzung der bislang eingegangenen Verpflichtungen und Vereinbarungen gelegt wird; stellt fest, dass in den bisherigen Gesprächsrunden über das neue Abkommen zwischen der EU und Russland nur langsam Fortschritte erzielt wurden, und fordert die Beteiligten auf, ihre tatsächlichen gemeinsamen Werte und Interessen zur Grundlage zu nehmen;
5. nimmt die im Dezember 2010 zum Abschluss gebrachte bilaterale Vereinbarung zwischen der EU und Russland zur Kenntnis, durch die der Beitritt Russlands zur Welthandelsorganisation (WTO) ermöglicht wird; fordert die russischen Behörden auf, einen stabilen und fairen Rechtsrahmen zu schaffen, um wirtschaftliche Tätigkeiten, ausländische Direktinvestitionen und die Wettbewerbspolitik angemessen zu regeln; hält die Konsolidierung eines verlässlichen Justizsystems und die wirksame Bekämpfung der Korruption auf allen Ebenen für unerlässlich;
6. bedauert, dass der angekündigte Fahrplan für den visumfreien Reiseverkehr zwischen Russland und der EU nicht wie geplant auf dem bevorstehenden Gipfeltreffen EU-Russland vorgelegt wird, nachdem das Dokument für den Fahrplan zwar Anfang Mai 2011 fertiggestellt wurde, jedoch von allen 27 Mitgliedstaaten angenommen werden muss; bekräftigt seinen Einsatz für das langfristige Ziel des visumfreien Reiseverkehrs zwischen der EU und Russland, das von der Substanz und den praktischen Fortschritten her Schritt für Schritt umgesetzt werden soll; weist jedoch darauf hin, dass durch die Erleichterung der Erteilung von Visa und die Liberalisierung der Visumregelungen mit der Russischen Föderation die Inhaber russischer Pässe in den Regionen mit schwelenden Konflikten gegenüber den Bürgern der Republik Moldau und Georgiens in keiner Weise privilegiert werden sollten; begrüßt den im Rahmen des Parlamentarischen Kooperationsausschusses EU-Russland gefassten Beschluss, in einem ersten Schritt die Einrichtung einer visumfreien Reiseregelung für Personen zu fordern, die sowohl einen EU-Pass als auch einen russischen Pass besitzen und 1989 oder später geboren wurden;
7. weist darauf hin, dass die Zusammenarbeit im Energiebereich und insbesondere der Dialog über Energiefragen einer der grundlegenden Bestandteile der Beziehungen zwischen der EU und Russland sind; hebt hervor, dass die EU ihre Abhängigkeit von fossilen Energieträgern gemäß ihren Zielen reduzieren muss; betont, dass die Grundsätze der Interdependenz und der Transparenz und die Einhaltung internationaler Verträge die Grundlage einer solchen Zusammenarbeit sein sollten, ebenso wie ein gleichberechtigter Zugang zu Märkten, Infrastrukturen und Investitionen und ein verlässlicher rechtlicher Rahmen; sieht der Ausarbeitung eines langfristigen Fahrplans für eine Debatte über die Rolle der russischen Energieressourcen im Energiemix der EU bis 2050 erwartungsvoll entgegen;
8. fordert den Rat und die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Grundsätze der Energiecharta und das ihr beigefügte Transitprotokoll in ein neues Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und Russland aufgenommen werden; begrüßt die Annahme eines aktualisierten Frühwarnmechanismus im Februar 2011, durch den die Koordinierung in Notsituationen im Bereich von Angebot und Nachfrage weiter verbessert werden soll;
9. fordert die Russische Föderation nachdrücklich auf, ihren Beitrag zum Kampf gegen den Klimawandel zu intensivieren, indem sie ihre Treibhausgasemissionen reduziert und sich an den internationalen Verhandlungen über einen umfassenden klimapolitischen Rahmen für die Zeit nach 2012 im Rahmen des UNFCCC und des Kyoto-Protokolls beteiligt; hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass sich alle Industrieländer verpflichten müssen, das gegenwärtige Emissionsniveau erheblich zu senken und die Kohlenstoffbindung in Wäldern zu steigern, um in den in Anhang I genannten Ländern bis 2020 die notwendigen Reduzierungen um 25–40 % gegenüber dem Niveau von 1990 zu erreichen;
10. weist darauf hin, dass nach wie vor Reaktoren des in Tschernobyl genutzten Typs in der Nähe der Grenzen der EU betrieben werden, und fordert Russland auf, diese Reaktoren unverzüglich abzuschalten; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, in der Zwischenzeit keine Einfuhr von Strom aus Kernenergie zuzulassen, der nicht unter Einhaltung der strengsten Sicherheitsstandards erzeugt wurde; bedauert, dass die vorgeschlagenen Stresstests Unabhängigkeit und Seriosität vermissen lassen, weshalb Euratom die notwendige Glaubwürdigkeit fehlt, um sich beim Gipfeltreffen EU-Russland mit Nachdruck für sie einzusetzen;
11. begrüßt die Bereitschaft der russischen Seite, sich offen und konstruktiv mit den Hauptpunkten zu befassen, die von den Vertretern der EU beim Konsultationstreffen zu Menschenrechtsfragen am 4. Mai vorgebracht wurden, insbesondere hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit, des Funktionierens der Zivilgesellschaft, der Zusammenarbeit auf internationalen Foren und der Bekämpfung der Diskriminierung sowie auch der Verfahren gegen Menschenrechtsaktivisten und Journalisten; hebt dessen ungeachtet hervor, dass Worten auch konkrete Tatsachen folgen sollten; bedauert, dass sich Russland nach wie vor dagegen wendet, neben dem Außenministerium auch andere Ministerien und Agenturen einzubeziehen, die Konsultationen entweder in Russland oder in der EU abzuhalten und mit russischen und internationalen NRO zusammenzutreffen;
12. fordert die russischen Behörden auf, das Forum der EU und Russlands zur Zivilgesellschaft als ein gemeinsames Projekt im Rahmen der Partnerschaft für Modernisierung anzuerkennen; begrüßt in diesem Zusammenhang, dass das Forum zur Zivilgesellschaft am Rande der Gipfeltreffen EU-Russland eine bedeutendere Rolle spielen soll;
13. vertritt die Auffassung, dass die fehlende Unabhängigkeit der Justizbehörden der Hauptgrund für die Straffreiheit in Russland ist, und äußert seine Besorgnis angesichts von Berichten über politisch motivierte Gerichtsverfahren, unfaire Verfahren und nichtdurchgeführte Ermittlungen bei schweren Verbrechen wie Mord, bei Drangsalierungen oder bei anderen Arten von Gewalt;
14. fordert die russischen Amtsträger auf, gegen die Verfolgung von Unternehmen wie Hermitage Capital, Royal Dutch Shell, British Petroleum, Ikea, News Corporation, Yukos, Rosneft, Euroset und andere durch den auf juristischem und administrativem Wege erfolgenden Missbrauch von Befugnissen vorzugehen;
15. fordert die russischen Justiz- und Strafverfolgungsbehörden in diesem Zusammenhang auf, ihre Aufgaben gründlich, unparteiisch und unabhängig wahrzunehmen, damit Straftäter vor Gericht gebracht werden; fordert die russischen Stellen auf zu gewährleisten, dass im Justizsystem des Landes bei jeglicher Strafverfolgung die ordnungsgemäßen Verfahren beachtet werden; fordert Russland auf, eine eingehende Überprüfung seiner nationalen Gesetzgebung und seiner Rechtsprechungsregeln durchzuführen;
16. nimmt die Entscheidung von Präsident Medwedew zur Kenntnis, im Rahmen des Menschenrechtsrats des Präsidenten Rechtssachverständige heranzuziehen, die sich mit den Fällen Chodorkowski/Lebedew befassen und eine Untersuchung der strafrechtlichen Vorwürfe gegen Sergei Magnizki einleiten sollen; ermuntert den Untersuchungsausschuss, schnellstmöglich einen unabhängigen und ausführlichen Bericht vorzulegen;
17. begrüßt die positiven Schritte von seiten der staatlichen russischen Stellen im Hinblick auf eine Zusammenarbeit und eine Untersuchung des Falles Sergei Magnizki, drängt jedoch weiter darauf, dass die russischen Behörden die Verantwortlichen vor Gericht stellen und dass ein Einreiseverbot in die EU für russische Amtsträger, die in diesen Fall verwickelt sind, in Betracht gezogen wird, und legt den Strafverfolgungsbehörden in der EU nahe, zusammenzuarbeiten, wenn es darum geht, die Bankguthaben und anderen Vermögenswerte dieser russischen Amtsträger in allen EU-Mitgliedstaaten einzufrieren; nimmt zur Kenntnis, dass der russische Untersuchungsausschuss am 30. Mai erklärt hat, dass die Staatsanwälte alle gegen den leitenden polizeilichen Ermittler Oleg F. Siltschenko erhobenen Vorwürfe wegen Fehlverhaltens im Fall Magnizki fallengelassen hätten; weist darauf hin, dass Herr Siltschenko angeordnet hatte, Herrn Magnizki trotz einer schwerwiegenden medizinischen Diagnose in ein Gefängnis mit unzureichender medizinischer Ausstattung zu verlegen und das Ersuchen nach Durchführung einer von einem Arzt angeordneten Ultraschalluntersuchung bei Herrn Magniziki wiederholt abgelehnt hat;
18. erachtet den Beschluss des Stadtgerichts Moskau vom 24. Mai 2011, den Schuldspruch gegen Michail Chodorkowski und dessen Geschäftspartner Platon Lebedew wegen Unterschlagung aufrechtzuerhalten, für politisch motiviert und verurteilt die politische Einmischung in das vorherige Gerichtsverfahren auf das Schärfste; bedauert die zahlreichen Verfahrensmängel und verurteilt, dass Zeugen von den Strafverfolgungsbehörden unter Druck gesetzt und bedroht worden sein sollen; vertritt die Auffassung, dass damit der Rechtsstaatlichkeit ein weiterer schwerer Schlag versetzt wurde, durch den die Modernisierungsagenda nunmehr mit weiteren Problemen behaftet ist;
19. fordert die russischen Behörden auf, die erforderlichen Maßnahmen zu prüfen und zu treffen, um das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 31. Mai 2011 umzusetzen, in dem schwerwiegende Verletzungen grundlegender Menschenrechte im ersten Gerichtsverfahren gegen Michail Chodorkowski festgestellt wurden, insbesondere unwürdige Haftbedingungen, unmenschliche und erniedrigende Zustände im Gerichtssaal, die Unrechtmäßigkeit der Festnahme mit vorgehaltener Waffe, die ungerechtfertigte Untersuchungshaft und die Weigerung der russischen Gerichte, Michail Chodorkowski rechtliches Gehör bei der Überprüfung seiner Untersuchungshaft zu gewähren; fordert die Kommission und die Hohe Vertreterin/Vizepräsidentin der Kommission, Catherine Ashton, nachdrücklich auf, den Fall Chodorkowski auf die Tagesordnung des anstehenden Gipfeltreffens EU-Russland zu setzen;
20. nimmt die aktuellen Entwicklungen bei den Ermittlungen im Mordfall Anna Politkowskaja zur Kenntnis, weist jedoch darauf hin, dass die Umstände des Mordes noch gründlich untersucht werden müssen, und hofft, dass erhebliche Fortschritte bei der Aufklärung der Umstände des Mordes erzielt werden können; fordert die Behörden auf, dafür zu sorgen, dass alle Verantwortlichen im Mordfall Anna Politkowskaja vor Gericht gestellt werden, fordert die Staatsanwaltschaft auf, internationale Normen einzuhalten und die Rechtsstaatlichkeit zu achten;
21. verurteilt, dass zivile Aktivisten und Journalisten, die friedlich gegen die Zerstörung des Waldes von Chimki demonstrieren bzw. darüber berichten, gewaltsamen Übergriffen und ständigen Bedrohungen ausgesetzt sind, und fordert die russischen Behörden auf, die Versammlungsfreiheit zu achten; fordert die russischen Behörden auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die Umweltschäden im Wald von Chimki zu verringern; fordert die russischen Behörden auf, nochmals alternative Streckenführungen für die Autobahn Sankt Petersburg–Moskau in Betracht zu ziehen, bei denen der Wald von Chimki nicht durchschnitten wird;
22. bedauert sehr, dass die Verwaltung der Stadt Moskau im Widerspruch zur Verpflichtung Russlands als Mitglied des Europarates, die Versammlungsfreiheit zu achten, im sechsten Jahr in Folge die Gay-Pride-Parade verboten hat, und zwar unter Verstoß gegen das endgültige Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom April 2011, in dem Russland auferlegt wird, solche Versammlungen zu genehmigen; bedauert, dass der Europäische Auswärtige Dienst sich geweigert hat, die Organisatoren der Parade öffentlich zu unterstützen, und fordert den Präsidenten des Europäischen Rates, die Hohe Vertreterin/Vizepräsidentin der Kommission und den Kommissionspräsidenten auf, auf dem Gipfeltreffen EU-Russland am 9. Juni deutlich zu machen, dass die EU dieses Verbot missbilligt; fordert die Hohe Vertreterin auf, dafür zu sorgen, dass die Delegationen und Diplomaten der EU den Maßnahmenkatalog zur Förderung und zum Schutz der Ausübung aller Menschenrechte durch Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender-Personen aktiv umsetzen, auch durch die öffentliche Bekundung ihrer Unterstützung friedlicher Demonstrationen für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender-Personen;
23. fordert die russischen Behörden auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit alle Kandidaten und Parteien für die Parlamentswahlen im Dezember im Einklang mit den von Russland als Mitglied des Europarats und der OSZE akzeptierten Normen fair und gleich behandelt werden; fordert als entscheidende Maßnahme, die Hürden für die Registrierung neuer Parteien zu senken, um für gleiche Bedingungen für alle Kandidaten und Parteien im Wahlkampf zu sorgen und allen Parteien und Kandidaten Zugang zu Rundfunk und Fernsehen zu garantieren; fordert die russischen Behörden auf, internationale Wahlbeobachtungsmissionen so früh wie möglich einreisen zu lassen;
24. begrüßt die aktuellen Stellungnahmen des russischen Präsidenten Medwedew zu den Umbrüchen in den arabischen Ländern und insbesondere zur Krise in Libyen, in denen er sich den Rücktrittsforderungen an Gaddafi und seine Regierung angeschlossen hat; nimmt mit Interesse zur Kenntnis, dass Russland einen Gesandten nach Benghazi entsandt hat, und fordert Russland auf, Seite an Seite mit der EU zusammenzuarbeiten, damit eine Lösung des Konflikts gefunden werden kann;
25. begrüßt die Bereitschaft Russlands, im Zusammenhang mit Krisenmanagementeinsätzen auf dem Weg zu einem Rahmenabkommen voranzukommen; bedauert in dieser Hinsicht den Besuch des russischen Außenministers in Abchasien und Südossetien am 25. und 26. April 2011, der im Widerspruch zu dieser Bereitschaft steht und die Beziehungen zu Georgien – einem der Länder in der gemeinsamen Nachbarschaft – weiter belastet, und fordert Russland auf, alle Punkte des Waffenstillstandsabkommens von 2008 vollständig zu erfüllen;
26. fordert die russischen Behörden auf, ihre Bemühungen um konkrete Fortschritte im Konflikt in Transnistrien zu verstärken und in diesem Zusammenhang die offiziellen Fünf-plus-zwei-Verhandlungen mit der Absicht aufzunehmen, in nächster Zukunft zu einer Lösung zu kommen (Meseberg-Initiative);
27. begrüßt die Initiativen Russlands zur Förderung des Dialogs zwischen der armenischen und aserbaidschanischen Staatsführung im Bergkarabach-Konflikt, fordert die russische Regierung aber auf, sämtliche Waffenlieferungen an die Konfliktparteien einzustellen, um Spannungen abzubauen und den Weg zu einer dauerhaften und flächendeckenden Beilegung des Konflikts zu ebnen;
28. begrüßt die Ratifizierung des neuen Vertrags über die Verminderung strategischer Waffen (START) zwischen der Russischen Föderation und den Vereinigten Staaten vom 22. Dezember 2010; fordert eine Fortsetzung des umfassenden Dialogs zwischen der Russischen Föderation und den Vereinigten Staaten über Sicherheitsfragen, auch über den Aufbau des Raketenabwehrschirms;
29. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der OSZE, dem Europarat sowie dem Präsidenten, der Regierung und dem Parlament der Russischen Föderation zu übermitteln.